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Raucher-Epidemie in Indien  
  Indien befindet sich einer aktuellen Studie zufolge mitten in einer Raucher-Epidemie. In nächster Zeit wird auf dem Subkontinent jährlich rund eine Million Menschen am Rauchen sterben. Bei Männern geht jeder fünfte Todesfall im Alter zwischen 30 und 69 auf den Tabakkonsum zurück.  
Im Schnitt verlieren männliche Zigarettenraucher in Indien zehn Lebensjahre. Jene Männer, die indische Tabakwaren namens Bidi konsumieren, verlieren sechs Jahre, bei Frauen sind es sogar acht.
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Die entsprechende Studie, "A Nationally Representative Case¿Control Study of Smoking and Death in India", ist im "New England Journal of Medicine" (doi: 10.1056/nejmsa0707719) erschienen.
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120 Mio. Raucher
"Die festgestellten extremen Risiken des Rauchens waren für uns überraschend", sagt Studienleiter Prabhat Jha von der University of Toronto. "Denn indische Raucher beginnen später als jene in Europa und den USA und rauchen auch weniger. Rauchen tötet nicht nur durch Krebs und Lungenkrankheiten, sondern auch durch Tuberkulose und Herzinfarkte."

Rund 120 Millionen Raucher gibt es in Indien, mehr als ein Drittel der Männer und ca. fünf Prozent der Frauen zwischen 30 und 69 rauchen Zigaretten oder Bidis, die etwa nur ein Viertel der Tabakmenge einer herkömmlichen Zigarette enthalten. Der Tabak ist in der Regel mit einem Tendublatt (Ceylon-Ebenholz) umhüllt.

Jha und seine Kollegen haben die Krankengeschichten von 74.000 bereits verstorbenen Rauchern mit einer 78.000 Personen starken Kontrollgruppen verglichen und kamen dabei zu recht drastischen Ergebnissen: Der Studie zufolge ist Rauchen für 38 Prozent aller Todesfälle infolge Tuberkulose verantwortlich, sofern die Betroffenen zwischen 30 und 69 starben.

Ähnlich die Werte für andere Todesarten: Bei Erkrankungen des Atemtraktes sind es 31, bei Herz-Kreislauferkrankungen 20 und bei Krebs 32 Prozent.
Die Alarmglocken läuten
"Ich bin von den Ergebnissen der Studie alarmiert", schreibt der indische Gesundheitsminister Abumani Ramadoss in einer Aussendung. "Die indische Regierung versucht alle notwendigen Schritte zu setzen, um den Gebrauch von Tabak einzuschränken - speziell indem wir die vielen Armen und Analphabeten über die Risiken des Rauchens aufklären."

Der indische Ökonom Amartya Sen merkt an: "Es ist wirklich bemerkenswert, dass ein einzelner, noch dazu vermeidbarer Faktor wie das Rauchen für fast ein Zehntel aller Todesfälle in Indien verantwortlich ist. Die Studie zeigt sehr eindringlich, dass wir in diesem lange vernachlässigten Feld sofort handeln müssen", so der Nobelpreisträger für Ökonomie aus dem Jahr 2001.
"Aufhören funktioniert"
Trotz der durchaus schockierenden Resultate gibt es zumindest eine gute Nachricht, betont Richard Peto von der Oxford University, Co-Autor der Studie: "Rauchen tötet, aber wenn man damit aufhört, ist das ziemlich effektiv. Das zeigen auch Untersuchungen in Großbritannien." Bisher haben allerdings nur zwei Prozent aller indischen Erwachsenen mit dem Rauchen aufgehört - viele erst, nachdem sie bereits krank geworden sind.

Robert Czepel, science.ORF.at, 14.2.08
->   Prabhat Jha
->   Richard Peto
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01.01.2010