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Bioverband haftet auf Wunden wie ein Gecko  
  Geckos können mühelos auf Wände und über Decken klettern. Diese einzigartige Fähigkeit haben sich nun US-amerikanische Forscher für die Entwicklung eines speziellen Verbandes zum Vorbild genommen. Dieser haftet sogar auf feuchten Wunden und ist außerdem biologisch abbaubar, das heißt, er löst sich nach erfolgter Heilung quasi selbst auf.  
Wie bei den Echsenfüßen verleihen mikroskopisch kleine Erhebungen dem neuen Material seine Haftfähigkeit. Davon berichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der "PNAS".
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Der Artikel "A biodegradable and biocompatible gecko-inspired tissue adhesive" von A. Mahdavi et al. erscheint zwischen 19. und 22. Februar in den "PNAS" (Bd.105, 19.Februar, DOI:10.1073/pnas.0712117105).
->   Artikel (sobald online)
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Ein Fasergeflecht sorgt für Haftung
Ein feines Geflecht von nur wenige Nanometer großen Härchen überzieht die Füße der Geckos. Dieses ist auch für die außergewöhnliche Klebkraft verantwortlich. Schon seit Jahren wird eifrig an der Entwicklung von Klebern mit genau diesen Eigenschaften gearbeitet, bis jetzt hat das jedoch nur in trockenen Bereichen funktioniert.

Um diese Technologie auf medizinische Anwendungen zu übertragen, muss sie laut Jeff Karp, Mediziner an der Harvard Medical School und Co-Autor der Studie, besonders strenge Design-Kriterien erfüllen. Das Material muss nämlich dann auch auf nassem Untergrund haften und sich generell für Anwendungen im Körper eignen.

Das heißt, der Klebstoff sollte biokompatibel sein, also keine Entzündungen hervorrufen. Außerdem muss er biologisch abgebaut werden, ohne Gifte zu hinterlassen. Nicht zuletzt muss er elastisch sein, sich dehnen und Körperbewegungen mitmachen.
"Bio-Gummi" erhält Nanostruktur
Bild: MIT
Die Nano-Struktur des Verbands
Um all diese Anforderungen zu erfüllen, entwickelten die Wissenschaftler einen speziellen "Bio-Gummi".

Mit Hilfe einer Technologie, die auch zur Herstellung von Computerchips verwendet wird, formten sie dann das Material in unterschiedliche Profile, bestehend aus Hügeln und Tälern im Nanobereich (siehe Bild rechts).

Nach den ersten Versuchen mit Schweinedärmen wählten sie jene Variante, bei welcher die Abstände innerhalb des Reliefs die optimale Größe besitzen, um auf dem darunter liegenden Gewebe zu haften.
Kleberschicht macht wasserfest
In der Folge brachte das Team rund um Karp und Robert Langer vom Massachusetts Institute of Technology eine hauchdünne Schicht eines zuckerhaltigen Klebers auf, damit er auch auf feuchtem Grund kleben bleibt.

Hier endet die Imitation der Geckos. Der Verband soll ja im Gegensatz zu den Echsenpfoten nie mehr entfernt werden. Nur bei der Nanostruktur des Kunststoffes habe man sich von dem wendigen Tier inspirieren lassen, um so seine Klebfähigkeit zu optimieren.
Großes Entwicklungspotential
Bei Tierversuchen sind laut den Forschern erste Anwendungserfolge zu verzeichnen. In der Zukunft könnte das Material unter Umständen nicht nur Operationswunden verschließen, sondern auch mit Medikamenten angereichert werden, die im Laufe des Abbaus abgegeben werden und so etwa den Heilungsprozess beschleunigen könnten.

Durch gezielte Veränderung einzelner Materialeigenschaften, wie etwa der Elastizität und der Abbaubarkeit, könnte es für unterschiedlichste medizinische Anwendungen weiter entwickelt werden.

[science.ORF.at, 19.02.08]
->   Jeff Karp
->   Robert Langer
->   Harvard Medical School
->   MIT
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Muschel-Gecko-Kleber hält auch unter Wasser (17.7.07)
->   Käferfüße als Vorbild für Klebetechnik (24.10.06)
->   Geckofüße als Vorbild für "Super-Klebstoff" (27.7.06)
->   Geckofüße reinigen sich von selbst
 
 
 
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01.01.2010