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Spitzbergen: Frostiger Tresor für Pflanzensamen  
  Eine tiefgekühlte Schatzkammer für die Kulturpflanzen der Menschheit wird am 26. Februar 2008 auf Spitzbergen unweit des Nordpols eröffnet. In 130 Meter Höhe hat Norwegen drei Hallen in einen Berg bohren lassen.  
In dem von ewigem Frost gekühlten Berg soll eine gigantische Sammlung von Pflanzensamen aus aller Welt eingelagert werden. Der Vorrat soll sicherstellen, dass auch nach riesigen oder sogar globalen Naturkatastrophen neue Samen bereitliegen, um wieder mit dem Anbau von Lebensmitteln beginnen zu können.
20 Kisten aus Nigeria bereits eingetroffen
Schon vor der feierlichen Eröffnung, zu der EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Norwegens Regierungschef Jens Stoltenberg sowie die kenianischen Friedensnobelpreisträgerin und Umweltschützerin Wangari Maathai kommen wollten, traf die erste Lieferung ein.

Das in Nigeria ansässige Internationale Institut für Tropen-Landwirtschaft schickte 20 Kisten mit 7.000 Samenproben aus 36 afrikanischen Ländern. Norwegens Landwirtschaftsminister Terje Riis-Johansen konnte die Eröffnung kaum erwarten: "Das wird wie eine moderne Neuauflage der Arche Noah".

Vor allem in tropischen Ländern könnten die Samen im Katastrophenfall allzu leicht zerstört werden - wenn die Kühlschränke ausfallen, keimen oder verschimmeln die Samen schnell. Anders sieht es auf Spitzbergen aus, nur 800 Kilometer vom Nordpol entfernt.
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Minus drei bis vier Grad
Die Durchschnittstemperatur liegt hier bei minus drei bis vier Grad. Die drei je sechs Meter hohen Lagerhallen in einem Berg nahe des kleinen Flugplatzes von Longyearbyen aber werden permanent auf 18 Grad Minus gekühlt. Das ist die ideale Temperatur, um das eingelagerte Samengut für gut tausend Jahr frisch zu halten. 4,5 Millionen Samenproben können hier eingelagert werden.
->   Mehr zum "frostigen Tresor"
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Vorsorge für alle möglichen Ernstfälle
 
Bild: Svalbard Global Seed Vault

Die globale Samenkammer soll aber noch ganz andere Bedingungen erfüllen: Sie ist so hoch über dem Meeresspiegel angelegt, dass die Hallen auch bei Erfüllung der pessimistischsten Vorhersagen über die Klimaveränderungen trocken bleiben sollen.

Auch ein Atomkrieg dürfte ihnen nach Meinung der Konstrukteure nichts anhaben. Und sogar für das Aushebeln etwaiger direkter Raketenangriffe haben die Konstrukteure sich etwas ausgedacht. Die Gänge sind versetzt, damit ein direkter Treffer möglichst nicht in die Lagerräume vordringen kann.

Bild oben: Eine Skizze des aus drei Hallen bestehenden Kühlschranks für Pflanzensamen.
Diversität erhalten
"Das wird der wichtigste Kühlschrank der Welt", meinte die Zeitung "Nationen". Der norwegische Genforscher Ola Westengen weist die Vorstellung zurück, dass hier vor allem für eine apokalyptische Super-Katastrophe vorgesorgt werden soll: "Es ist ganz natürlich, dass man einige Samentypen auf diese Art bewahrt und erhält."

So gebe es heute nur 20 Prozent jener Maisarten, die um 1930 in Mexiko angebaut wurden. Fehlendes Geld und fehlende Übersicht für den Erhalt der genetischen Vielfalt seien viel gefährlicher für das Aussterben von Nutzpflanzen als denkbare Horror-Szenarien.
70.000 Reis-Proben von Philippinen
Monatelang hat sich Westangen mit seinen Kollegen darauf vorbereitet, in den Hallen der globalen Samenbank systematisch Saatgut für Weizen, Erdäpflen, Bohnen, Linsen, Erdnüsse, Soja, und vieles, vieles mehr einzusortieren.

Allein auf den Philippinen gebe es mehr als 70.000 verschiedene Reis-Proben, die in den vergangenen Jahren gesammelt worden seien und nun ins ferne Spitzbergen geschickt werden.
6,3 Millionen Euro Kosten
50 Millionen Kronen (6,3 Millionen Euro) hat die Regierung in Oslo für den Bau des globalen Samenlagers bereitgestellt. Die Kosten für den laufenden Unterhalt teilen sich die Skandinavier mit den Vereinten Nationen.

[science.ORF.at/dpa, 21.2.08]
 
 
 
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01.01.2010