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Maya-Kultur: Berühmtes Blau entstand beim Opfern  
  Die Kultur der Maya gilt als langlebig, hochstehend und grausam. US-Anthropologen haben den Zusammenhang dieser drei Faktoren nun anhand der Herstellung des berühmten "Mayablau" bestätigt.  
Die besonders leuchtende und widerstandsfähige Farbe wurde bei Opferzeremonien hergestellt und hat sich auf Schüsseln und anderen Tongegenständen bis heute erhalten, berichtet eine Forschergruppe um den Anthropologen Dean Arnold vom Wheaton College in Chicago.
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Die entsprechende Studie, "The first direct evidence for the production of Maya Blue: rediscovery of a technology", ist im britischen Fachjournal "Antiquity" erschienen (Bd. 82, S. 151):
->   Abstract
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Hochkultur mit grausamen Riten
 
Bild: Dean E. Arnold

Chichen Itza ist eine Maya-Stadt auf der mexikanischen Halbinsel Yucatan, die mit ihren Stufenpyramiden von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt und erst vor kurzem zu einem der sieben Weltwunder gewählt wurde.

Wie man aus Dokumenten aus dem 16. Jahrhundert weiß, war Blau die Opferfarbe der mittelamerikanischen Urbevölkerung.

Die Opferaltare (siehe Bild oben) waren in blau gehalten, die Maya malten auch die Menschenopfer blau an, ehe ihnen auf dem Altar bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust gerissen wurde. Aber auch viele andere Gegenstände wie Tongefäße oder Wandmalereien zeugen von dem Blau.
Besonders widerstandsfähige Farbe
Wie die Forscher nun herausgefunden haben, war dieses Opferblau aber nicht irgendein Blau, sondern das weltberühmte Mayablau.

Dabei handelt es sich um eine besonders widerstandsfähige Farbe, die auf Überbleibseln bis heute kräftig leuchtet - obwohl sie Jahrhunderte lang der schwülen Atmosphäre des mittelamerikanischen Dschungels ausgesetzt war.

Wie man seit geraumer Zeit weiß, besteht Maya-Blau aus einer Mischung des Minerals Attapulgit - ein Silikat, das auch unter dem Namen Palygorskit bekannt ist - und dem Farbstoff Indigo.
Bei rituellen Handlung hergestellt

Farbprobe: Das ist Mayablau
Die Herstellung des strahlenden Blau ist bereits gelungen: Durch Erhitzung der beiden Bestandteile bildet sich ein Kristallgitter, in das sich winzige Teilchen einlagern, die für die besondere Widerstandsfähigkeit verantwortlich sind.

Was bisher ungeklärt blieb, war die Frage, wie die Maya selbst ihre blaue Farbe erzeugten.

Die Antwort der Forscher um Dean Arnold: Sie wurde selbst im Rahmen einer rituellen Handlung hergestellt - durch Vermengung und Erhitzung von Copalharz, Blättern der Indigopflanze und Palygorskit.
Opfer in heiligen Wasserbrunnen gestoßen
Die mit dem Blau gefärbten Opfer wurden dann in die heilige Wasserhöhle von Chichen Itza, einer der sogenannten Cenoten, gestoßen, um dem Regengott Chaak milde zu stimmen. Regen war in der ersten Jahreshälfte im nördlichen Yukatan entscheidend - oft fielen Monate lang überhaupt keine Niederschläge.

"Die rituelle Kombination der drei Materialien, die alle als Heilmittel verwendet wurden, hatte einen großen symbolischen Wert", erklärte Dean Arnold in einer Aussendung des Field Museum in Chicago.
Eine Tonschüssel als Beweismittel
 
Bild: John Weinstein, The Field Museum

Wie die Forscher auf ihren neuen Thesen gekommen sind? Eine wichtige Rolle spielte eine Tonschüssel der Maya, die bereits seit fast 80 Jahren im Besitz des Field Museum war (Bild oben).

Auf ihrer Unterseite fanden die Forscher mit Hilfe eines Elektronenmikroskops nun winzige Spuren von Palygorskit und Indigo.

Daraus schlossen sie, dass das Mayablau für Opferzeremonien hergestellt worden ist - und zwar unmittelbar neben dem heiligen Wasserbrunnen von Chichen Itza.
Ablagerung unter Wasserbrunnen
Ihre Ergebnisse lösen nach Eigenangaben der Forscher auch noch ein zweites Rätsel der Maya-Kultur: Bereits vor 100 Jahren wurde eine fast fünf Meter dicke, blaue Ablagerungsschicht unterhalb der heiligen Wasserhöhle entdeckt, deren Herkunft bisher unklar war.

Die Vermutung von Arnold und seinem Team: Durch die unzähligen blau gefärbten Opferartefakte - dazu mindestens hundert Menschen - habe sich die Farbe nach und nach entwickelt und bis heute erhalten.

[science.ORF.at, 27.2.08]
->   Maya blue (Wikipedia)
->   Azulmaya
->   Field Museum
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Maya opferten kleine Buben, keine Jungfrauen (23.1.08)
->   Salz: Maya hatten komplexes Versorgungssystem (5.4.05)
->   Waren die Maya ein Kriegsvolk? (2.9.03)
 
 
 
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01.01.2010