News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Gesellschaft 
 
Teure Placebos helfen besser als billige  
  Dass Placebos oft genauso wirken wie echte Medikamente, ist in der Medizin seit langem bekannt. US-Forscher fügen dem Placeboeffekt nun eine neue Note hinzu: Teure wirkstofflose Pillen wirken ihnen zufolge bei Patienten noch besser als billige.  
Das lässt den Schluss zu, dass auch richtige Medikamente effizienter sind, sobald sie mehr kosten, meinen der Verhaltensökonom Dan Ariely von der Duke University in Durham (US-Staat North Carolina) und seine Mitarbeiter.

Angesichts des Ergebnisses müssten Mediziner sich die Frage stellen, wie sich billigere Präparate verschreiben lassen, ohne dass die Patienten deren Wirkung infrage stellten.
...
Die entsprechende Studie "Commercial Features of Placebo and Therapeutic Efficacy" ist im "Journal of the American Medical Association (JAMA)" erschienen (Bd. 299, S. 1016; 5.3.08).
->   Abstract im "JAMA"
...
Nach Elektroschock zwei "Schmerzmittel" verglichen
Die Forscher hatten insgesamt 82 Versuchsteilnehmern leichte Elektroschocks verabreicht, um die individuelle Schmerzempfindlichkeit der Probanden zu bestimmen. Dann gaben sie allen Teilnehmern eine Tablette.

Die Hälfte der Gruppe erhielt zudem eine Broschüre, in dem das wirkstofflose Präparat als neu entwickeltes Schmerzmittel angepriesen und ein Preis von 2,50 US-Dollar (1,64 Euro) pro Tablette genannt wurde.

Die übrigen Versuchsteilnehmer erhielten eine Broschüre, die den Preis der Pille auf nur zehn US-Cent (sechseinhalb Cent) bezifferte.
Deutlich weniger Schmerzen bei teurem Präparat
Bei 85 Prozent der Patienten, die das vermeintlich teurere Präparat bekommen hatten, ließ das subjektive Schmerzempfinden nach der Tabletteneinnahme merklich nach. In der Gruppe mit dem billigen Präparat berichteten hingegen nur 61 Prozent, dass sich ihre Schmerzen gebessert hätten.

"Der Placeboeffekt ist eine der faszinierendsten und am wenigsten genutzten Kräfte im Universum", kommentierte Ariely das Ergebnis in einer Mitteilung der Duke University.
Schlüsse auch für echte Medikamente
Die Studie sei auch für praktizierende Ärzte interessant: Diese glaubten normalerweise, dass ein bestimmtes Medikament deshalb besser wirke als ein anderes, weil es tatsächlich besser sei.

Möglicherweise übertrage sich aber die eigene Begeisterung für ein Mittel vom Arzt auf die Patienten, meint Ariely.

"Über solche feinen Wechselbeziehungen zwischen Ärzten und ihren Patienten müssen wir uns wirklich Gedanken machen."

[science.ORF.at/APA/dpa, 5.3.08]
->   Dan Ariely, Duke University
->   Dan Ariely (Predictably irrational)
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Forscher: Ist Placebo Doping?
->   Placebo-Duell: Akupunktur siegt über Pille
->   Placebo-Wirkung hängt von Arzt und Geschlecht ab
->   Wie Placebos den Schmerz im Gehirn dämpfen
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Gesellschaft 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010