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Messrekord: Auf 17 Dezimalstellen genaue Atomuhr  
  Atomuhren gehen in 300 Millionen Jahren nur um wenige Sekunden falsch. Dass es noch genauer geht, haben nun US-Forscher gezeigt: Sie stellten einen neuen Weltrekord bei der Präzisionsmessung von optischen Frequenzen auf und legten damit die Grundlage für optische Atomuhren, die um den Faktor zehn genauer als die bisher besten Uhren gehen.  
Wissenschafter des National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder (US-Bundesstaat Colorado) haben das Experiment durchgeführt, an dessen Aufbau der an der Universität Innsbruck forschende Experimentalphysiker Piet Schmidt wesentlich mitgearbeitet hat.

In neuesten Messungen konnte das Team um Till Rosenband am NIST die Genauigkeit von zwei optischen Atomuhren um den Faktor zehn gegenüber den besten bisherigen Uhren verbessern.
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Die Ergebnisse der Messung wurden am 7. März 2008 online unter dem Titel "Frequency Ratio of Al+ and Hg+ Single-Ion Optical Clocks; Metrology at the 17th Decimal Place" in "Science Express" veröffentlicht (DOI: 10.1126/science.1154622).
->   Abstract
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Lichtfrequenzen statt Mikrowellen
Atomuhren arbeiten derzeit zum größten Teil mit Cäsium-Atomen und Mikrowellen, wobei letztere zum Anregen und Auslesen verwendet werden.

Doch die Physiker wollen es noch genauer wissen und arbeiten an optischen Atomuhren, die Lichtfrequenzen statt Mikrowellen verwenden und einmal um den Faktor 1.000 genauer sein sollen als die derzeitigen Zeitmesser.
Genauigkeit durch Rückkoppelung
Verwendet werden dabei einzelne Quecksilber- und Aluminium-Ionen, die in speziellen Atomfallen gehalten werden. Eine "Uhr" wird mit dem Quecksilber-, die andere mit dem Aluminium-Ion betrieben. Zwei "Uhren" sind notwendig, um in einem Vergleich überhaupt erst eine derartige Genauigkeit feststellen zu können.

Statt Mikrowellen wird in den optischen Atomuhren ein Laser eingesetzt, der das Ion anregt. Die besondere Genauigkeit des Systems gewährleistet ein Rückkoppelungsmechanismus: Das Verhalten des Ions wird immer wieder gemessen, und aufgrund dieser Werte laufend die Frequenz des Lasers angepasst - womit diese so genau wird, dass ihre Abweichung nur 5,2 mal zehn hoch minus 17 beträgt.

"Das ist, wie wenn man den Abstand der Erde zur Sonne auf ein Zehntel des Durchmessers eines Haares bestimmen könnte", erklärte Schmidt.
Ersatz für Cäsium-Uhren?
Rein technologisch wäre es möglich, die Cäsium-Uhren in zehn bis 20 Jahren durch die laser-betriebenen Atomuhren zu ersetzen, so Piet Schmidt im Gespräch mit science.ORF.at.

Realistisch betrachtet werde das aber noch viele Jahrzehnte dauern, weil es bisher nur eine einzige derartige Uhr - in Boulder - gibt. Zeitstandards seien aber nur dann sinnvoll, wenn sie von möglichst vielen Menschen genutzt werden, so Schmidt.
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Optischer Frequenzkamm
Dass die Wissenschaftler überhaupt die Lichtfrequenz des Lasers mit einer Genauigkeit von 17 Dezimalstellen messen können, verdanken sie übrigens der Entwicklung des optischen Frequenzkamms, die 2005 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.
->   Zur Nobelpreis-Meldung in science.ORF.at
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Sensible Messungen
Solche Messungen sind aber extrem sensibel. So müssen zum Beispiel die Effekte der Gravitation berücksichtigt werden, denn würde an einer Uhr die Erdanziehung stärker sein, würde sie laut Relativitätstheorie langsamer gehen. Der Abstand der beiden Atomuhren vom Erdmittelpunkt darf um nicht mehr als zehn Zentimeter differieren.

Dies eröffnet aber auch neue Perspektiven der Anwendung: So könnten Atomuhren künftig auch zur Untersuchung des Gravitationsfeldes der Erde verwendet werden.

[science.ORF.at/APA, 6.03.08]
->   Piet Schmidt
->   National Institute of Standards and Technology
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01.01.2010