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Ostertermin heuer ist ein "Jahrhundertereignis"  
  So außergewöhnlich früh war Ostern zuletzt im Jahr 1913 und der frühe Ostertermin am 23. März ist ein regelrechtes Jahrhundertereignis. Dass Ostern überhaupt jedes Jahr an einem anderen Datum stattfindet, liegt daran, dass sich der Feiertag nach den Gestirnen richtet.  
Damit Ostern aber nicht in den Sternen steht, sondern verlässlich berechnet werden kann, hat der Mathematiker Carl Friedrich Gauß vor 200 Jahren die sogenannte "Gauß'sche Osterformel" erdacht.
Ostern von Schnee bis Spätfrühling
Der Osterhase kommt zwar jedes Jahr so verlässlich wie das Christkind, aber der Termin ist (im Gegensatz dazu) jedes Jahr ein anderer: Für den Ostersonntag kommt nämlich jeder Sonntag zwischen dem 22. März und dem 25. April in Frage.

Zwar wurde auf dem Konzil von Nicäa im Jahr 325 festgelegt, dass Ostern am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond ist - doch das lässt einen mehrwöchigen Spielraum zu.

Des Problems hat sich vor 200 Jahren der Mathematiker Carl Friedrich Gauß angenommen und die "Gauß'sche Osterformel" erdacht.
->   Carl Friedrich Gauß (Uni Göttingen)
Gauß und die Osterformel
Die letzte Zeile von Gauß Algorithmus' klingt einfach: Ostern ist der 22. März plus d plus e. Der Kniff steckt natürlich in d und e, schildert der Wiener Mathematiker Rudolf Taschner (Technische Universität Wien) im Ö1 Mittagsjournal:

"Schon die Buchstaben dund edeuten an, dass es auch a, b und c gibt. Das a errechnet sich aus der Tatsache, dass schon die Babylonier gewusst haben, dass sich nach 19 Jahren die Mondphasen immer am gleichen Kalendertag wiederholen. b geht darauf zurück, dass alle vier Jahre ein Schaltjahr ist. Die Größe c geht darauf zurück, dass Ostern am Sonntag gefeiert wird - das heißt, man die sieben Wochentage auch einfließen lassen muss. Also haben wir die Zahlen 19, vier und sieben."

Besonders knifflig machen es die Schaltjahre, doch auch die hat Gauß in seiner Osterformel berücksichtigt.
->   Die ausführliche Osterformel (Wikipedia)
"Unwahrscheinlicher" Ostertermin
Dass der Ostersonntag so wie heuer auf dem 23. März fällt, ist ein Jahrhundertereignis - die Wahrscheinlichkeit, dass Ostern an diesem Datum gefeiert wird, ist sehr gering. Noch unwahrscheinlicher ist der 22. März, der frühestmögliche Ostertermin, so der Mathematiker Rudolf Taschner im ORF Radio: "Das passiert nur einmal in 200 Jahren - maximal!"

Rein mathematisch bevorzugt als Ostersonntagstermin sei hingegen der 19. April, so der Mathematiker Rudolf Taschner zu science.ORF.at.

Abgesehen von diesen Ausnahmen kommt - grob gesagt - jeder andere Termin bis 25. April mit einer Wahrscheinlichkeit von 3,33 Prozent als Ostersonntag vor - also innerhalb von 100 Jahren circa drei Mal.
->   Ostertermin errechnen lassen
->   Ostertermin nach gregorianischem und julianischem Kalender
Gauß' Geburtstag führt zur Formel
Der variable Ostertermin war vor der Gauß'schen Osterformel kein wirklich religiöses Problem, sondern eine Knobelei der Zeitrechnung; warum sich der Mathematiker Gauß damit befasst hat, dazu weiß Rudolf Taschner eine Anekdote:

"Bei Gauß geht die Mär, er habe seine Mutter nach seinem Geburtstag gefragt. Sie antwortete ihm: '1777 am Mittwoch vor Rogate.' Rogate ist ein bewegliches Fest, das mit dem Ostertermin einhergeht, und so hat sich der junge Gauß überlegt, der ja den Kalendertag wissen wollte, wann wirklich Ostern ist. Er hat sich das ausgerechnet und eine fein ziselierte Formel entwickelt."

Gauß veröffentlichte die Formel in einer ersten Fassung mit 23 Jahren im Jahr 1800 in einer astronomischen Zeitschrift; sie ist bis heute gültig. Gauß suchte nach Geburtstag und Formel - und daher wissen wir, wann wir Ostereier suchen: das nächste Mal so früh wie heuer erst wieder im Jahr 2160.
->   Rogate (Wikipedia)
Früher Ostertafeln
Zuvor dienten übrigens Ostertafeln der Ermittlung des Ostertermins. Wie z.B. der Codex 255 im Stift Zwettl oder die Ostertafel im Stift St. Gallen.

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 19.3.08
->   Osterformel-Seite der Südaustralischen Astronomischen Gesellschaft
->   Rudolf Taschner (math.space)
->   Codex 255 im Stift Zwettl
->   Ostertafel im Stift St. Gallen
 
 
 
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01.01.2010