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Wie der "störrische" Esel gezähmt wurde  
  Der Esel begleitet den Menschen schon seit Tausenden von Jahren. Ein Forscherteam konnte die Zähmung dieser als störrisch verschrienen Art anhand von etwa 5.000 Jahre alten Eselsknochen rekonstruieren.  
Das internationale Team konnte so den vermutlich ersten Gebrauch des Esels als Transporttier sowie frühe Phasen seiner Haustierwerdung beschreiben. Die Funde zeigen laut Studie auch, dass die Domestizierung langsamer und weniger geradlinig verlief als bisher angenommen.
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Die Studie "Domestication of the donkey: Timing, processes, and indicators" von Fiona Marshall (Washington University) und Kollegen ist in den "Proceedings of the National Academy of Science" (PNAS) erschienen (DOI: 10.1073_pnas.0709692105).
->   Zur Studie
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In Pharaonengrab gefunden
Angrenzend an den Grabkomplex eines frühen Pharaos in Abydos in Mittelägypten wurden die von den Forschern analysierten Überbleibsel der Esel in eigenen Grabkammern gefunden. Als erste Besonderheit fiel den Forschern auf, dass es sich um die Knochen recht stattlicher Tiere handelte, die ohne den Kontext des Pharaonengrabes möglicherweise als Überreste von Wildeseln gedeutet worden wären.

Für den Status als Haustier spricht aber, dass die Skelette Veränderungen an bestimmten Körperstellen aufweisen, die auf die Nutzung als Lasttiere hindeuten.
Doch nicht kleiner durch Zähmung
 
Bild: APA

Bisher galt als gesichert, dass Wildtiere schon zu Beginn ihrer Domestizierung kleiner werden, weil der Mensch in ihren Lebenszyklus - also die Ernährung und die Partnerwahl bei der Fortpflanzung - eingreift. Unter diesen veränderten Lebensbedingungen würde ihre Körpergröße signifikant abnehmen, so die herrschende Meinung.

"Doch unsere Funde widerlegen dies", erklärt Joris Peters, Tiermediziner an der Universität München und Ko-Autor der Studie. "Der Wildesel wurde nämlich bereits vor etwa 6.000 Jahren in den Haustierstand überführt, ohne dass er tausend Jahre später tatsächlich kleiner geworden ist, wie unsere Funde zeigen. Möglicherweise muss man jetzt auch die Erkenntnisse zu anderen Nutztierarten revidieren. Denn bei Schafen, Ziegen, Rindern und Schweinen wurde die Veränderung der Körpergröße als wichtigstes Kriterium genutzt, um ihre Domestizierung zu datieren.

Es ist denkbar, dass die bisher angenommenen Domestikationszeitpunkte um Jahrhunderte zu spät angesetzt wurden - wenn nämlich die bereits domestizierten Tiere tatsächlich an Körpergröße verloren haben."
Esel spannendes Beispiel
Der Mensch begann vor etwa 11.000 Jahren mit der Domestikation von Pflanzen und Tieren. Der Esel dabei ist laut Forschern ein besonders spannendes Beispiel, weil er möglicherweise mehrmals in derselben geografischen Region, in Nordostafrika, domestiziert wurde. Zudem war bislang sehr wenig über den Ablauf seiner Haustierwerdung bekannt.

"Bemerkenswert ist auch, dass der Esel als vormaliger Fleischlieferant sehr schnell nach der Domestikation für Handel und Transport eingesetzt wurde - bis dann sehr viel später das Dromedar wichtiger wurde", so Peters.
Nutzung des Esels veränderte Gesellschaften
Die Nutzbarmachung des Esels hat auch die ländlichen Gesellschaften und frühen Staaten verändert: Die Tiere sind zähe Wüstenbewohner und können schwere Lasten durch trockenes Gebiet tragen.

Das wiederum erlaubte den Hirtenvölkern, häufiger als bisher noch längere Strecken zurückzulegen und dabei ihren Haushalt mit den Herden zu transportieren. Peters: "Die Nutzung des Esels dehnte den Handel in Afrika und im westlichen Asien merklich aus".

[science.ORF.at/idw, 20.03.08]
->   Joris Peters
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01.01.2010