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Wichtiges Rätsel der Evolution gelöst  
  Skeptiker gegenüber der Evolutionstheorie sind um ein Argument ärmer. Laut österreichischen Biologen wirken sich einzelne Mutationen auf weniger Merkmale eines Organismus aus als angenommen bzw. befürchtet.  
Das sogenannte Phänomen der Pleiotropie steht somit nicht im Widerspruch zu gängigen Theorien von Mutation und Selektion. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie unter der Leitung des aus Österreich stammenden und an der Yale University in New Haven lehrende Evolutionsforscher Günter Wagner.
Die Studie "Pleiotropic scaling of gene effects and the 'cost of complexity'" ist in "Nature" erschienen (Bd. 472, S. 450; 27.3.08). Zu dem Forscherteam gehört auch die vom FWF gefördertete Schrödinger-Stipendiatin Mihaela Pavlicev.
->   Abstract der Studie
Wie nützlich können Einzelmutationen sein?
Einzelmutationen, also die Veränderung eines einzigen Bausteins in der Erbsubstanz (DNA), können sich auf zahlreiche Merkmale eines Organismus auswirken - der Fachausdruck dafür lautet Pleiotropie. Klassische Beispiele dafür sind etwa Krankheiten, welche nur auf eine Mutation zurückgehen, aber Auswirkungen auf verschiedene Organe im ganzen Körper haben.

Das Problem für die Evolutionsforscher ist, dass allzu exzessive Pleiotropie die gängigen Theorien um Mutation und Selektion in Bedrängnis bringt. Mutationen passieren demnach nämlich rein zufällig. Nur ein sehr geringer Anteil bringt Vorteile für ihre Träger und setzt sich durch.

"Je mehr Merkmale durch eine einzelne Mutation beeinflusst werden, desto geringer ist die Chance, dass eine solche Veränderung von Nutzen ist", erklärte Wagner gegenüber der APA. Mit anderen Worten: Pleiotropie behindert die Evolution.
Bisher ein theoretisches Problem für Evolutionstheorie
Stellte sich heraus, dass Pleiotropie sehr häufig vorkommt, also dass sich Mutationen generell auf sehr viele Merkmale auswirken, so geht sich irgendwann die sprichwörtliche Entwicklung vom Urschleim zum Menschen inklusive der Vielfalt der restlichen Natur statistisch-rechnerisch nicht mehr aus.

"Dann müssten die Theorien revidiert werden", so Wagner.
"Pleiotrope Effekte nicht so verbreitet"
Der Wissenschafter hat deshalb eine Möglichkeit ausgearbeitet, die Pleiotropie systematisch und quantitativ zu erfassen. In Zusammenarbeit mit der Washington University in Missouri und der University of Sussex in Großbritannien nahmen die Biologen Mäuse ins Visier, studierten Mutationen und deren Auswirkungen auf 70 Merkmale des Skelettapparats. So wurden etwa Längen von Knochen vermessen, ebenso Unterkiefer- oder Schädelmerkmale.

"Es zeigte sich, dass pleiotrope Effekte doch nicht so verbreitet sind", berichtete der Evolutionsbiologe. Die meisten Mutationen wirken sich demnach nur auf einen kleinen Teil der Merkmale aus, etwa fünf an der Zahl.

Für Evolutionstheoretiker beruhigend: Das Phänomen der Pleiotropie steht damit kaum im Widerspruch zu den gängigen Theorien.

[science.ORF.at/APA, 27.03.08]
->   Pleiotropie
->   Günter Wagner, Yale University
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01.01.2010