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Tintenfisch-Schnabel: Außen hart, innen weich  
  Der Schnabel eines Tintenfisches ist so hart, dass er von Walen nicht verdaut werden kann und im Magen liegen bleibt. Forscher haben nun das Rätsel geklärt, warum sich die Kopffüßer damit nicht selbst verletzten.  
Die Beschaffenheit des Schnabels verändert sich, je näher er an die "Wange" kommt. Dadurch wird verhindert, dass sich die Tintenfische ins eigene Fleisch schneiden, schreiben Ali Miserez von der University of California in Santa Barbara und Kollegen in ihrer Untersuchung.
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Die Studie "The Transition from Stiff to Compliant Materials in Squid Beaks" ist am 28. März 2008 in "Science" erschienen (Band 319, S. 1816-1819, DOI:10.1126/science.1154117).
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Mit Schnabel Rückgrat verletzen
Bei der Beschreibung von Tintenfischen greift Herb Waite, Co-Autor der Studie und ebenfalls an der University of California tätig, zu drastischen Begriffen: "Aggressiv" könnten sie sein, ebenso wie "verrückt, gemein - und immer hungrig".

Vor allem letzteres kann einem vorbeikommenden Fisch schnell zum Verhängnis werden: Die von den Forschern untersuchten Humboldt-Kalmare (Dosidicus gigas), die mit bis zu zwei Metern Länge zu den größten ihrer Art gehören, können mit ihrem Schnabel das Rückgrat eines Opfers tödlich verletzen.
Eines der härtesten organischen Materialien
 
Bild: Science

Das Material des Schnabels hat Forscher schon lange fasziniert: Es gehört zu den härtesten organischen Materialien, die man kennt. Bisher war aber unklar, wie der scharfe, harte Schnabel inmitten der eher geleeartigen Umgebung sitzen kann, ohne sich tief in das weiche Umfeld einzuschneiden.

Bild oben: ein Kalmar-Schnabel, eingebettet in geleeartiges Fleisch.
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Vergleich mit Messer ohne Griff
Um sich die Frage besser vorstellen zu können, greifen die Forscher zu einem plastischen Vergleich: Man solle sich ein sehr scharfes Messer ohne Griff vorstellen. Prinzipiell könnte man damit alles schneiden, jedoch würde man sich bei jedem Versuch die Klinge selbst in die Hand rammen.
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Zum Ansatz hin weicher
Auch beim Schnabel des Kalmars müsste es eigentlich so sein, dass er das umliegende Fleisch verletzt. Das tut er aber nicht, denn je näher das Schnabelmaterial am Fleisch liegt, desto weicher wird es.

Wie die Forscher herausfanden, ist der Schnabel dank einer ausgeklügelten Mischung von miteinander vernetzten Proteinen, Chitin und Wasser so konstruiert, dass er von der extrem harten Spitze zur Wurzel hin immer nachgiebiger wird. Konkret ist die Spitze mehr als hundertmal härter als der Ansatz.
Interessant für Prothesenbau
Besonders interessant ist diese Erkenntnis für den Bau von Prothesen: Könnte man Material, das dem Schnabel des Kalmars ähnelt, künstlich herstellen, wären Prothesen denkbar, die am einen Ende hart, am anderen auch weich und damit für den Träger angenehmer wären.

[science.ORF.at, 28.03.08]
->   Ali Miserez
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01.01.2010