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Studie: Arbeitsmarkt braucht mehr Akademiker  
  Am Arbeitsmarkt sind immer mehr Akademiker gefragt, in den kommenden Jahren werde der Bedarf um 2,3 Prozent pro Jahr wachsen. Laut Studie kann das Bildungssystem die Anforderungen aber nicht erfüllen.  
Mit einem absoluten Wachstum von 42.100 Personen zwischen 2004 und 2010 entfällt auf akademische Berufe ein Viertel des gesamten prognostizierten Beschäftigungsanstiegs von knapp 170.000 Personen, heißt es in der vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung in Auftrag gegebenen Studie "Humanressourcen in Österreich", die am Montag veröffentlicht wurde.
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Für die Studie wurden zahlreiche Datenquellen und Statistiken aus den Jahren 2004 bis 2007 zusammengefasst. Analysiert wurde die Situation in den Bereichen Ausbildungssystem, Gender und Migration.
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Naturwissenschaften und Technik
Besonders betroffen von den Wachstumseffekten sei die Gruppe der Naturwissenschaftler, Informatiker und auch Berufe im Gesundheitsbereich. So beträgt das prognostizierte jährliche Wachstum von Datenverarbeitungsfachkräften 4,9 Prozent, von Physikern, Chemikern, Mathematikern, etc. 4,7 Prozent und von Sozialpflegerischen Berufen 4,5 Prozent.
Geringe Akademiker-Quote
In Österreich beginnen rund 37 Prozent der Bevölkerung ein Hochschulstudium, was im OECD-Vergleich (54 Prozent) gering ist. "Hinzu kommt, dass eine hohe Drop-out-Quote zur tatsächlichen Akademikerquote von 19,6 Prozent führt", was weit unter dem OECD-Durchschnitt liege, schreibt Autorin Marita Haas vom Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien.

Daran dürfte sich laut Prognosen auch nicht so schnell etwa ändern: Die Maturantenquote soll zwar von derzeit rund 40 Prozent eines Altersjahrgangs bis 2025 auf 47 Prozent steigen.

Doch bei gleichbleibenden Präferenzen der Schüler und gleichen akademischen und ausbildungstechnischen Strukturen würde die Akademikerquote von derzeit 19,6 auf 22,1 Prozent nur marginal steigen und im internationalen Vergleich weiterhin gering sein.
Bedarf kann nicht gedeckt werden
Das prognostizierte Wachstum für Naturwissenschaftler in den kommenden 18 Jahren entspricht laut Studie dem Fünffachen des gesamten Beschäftigungswachstums. Dennoch sei die Zahl der Personen, die sich in tertiärer Ausbildung befinden, zu gering, um den Bedarf zu decken.

So habe die Technische Universität (TU) Wien im zweiten Quartal 2007 einen Bedarf von 327 Maschinenbau-Absolventen ermittelt, dem zu diesem Zeitraum österreichweit 15 Absolventen gegenüber standen.
Probleme im Bildungsbereich
Als Probleme im Ausbildungssystemen nennt die Studie die "Unattraktivität der Universitätskarrieren", die "Selektivität des Bildungssystems" und "mangelnde Durchlässigkeit der Schulsysteme". Sowohl im sekundären wie auch im tertiären Bereich gebe es eine eindeutige "soziale Selektion, die Schüler und Studenten aus bildungsfernen Schichten und/oder mit Migrationshintergrund diskriminiert".

Aufgrund der derzeitigen Einschränkungen der Entwicklungsmöglichkeiten an den Unis drohe die Abwanderung der Forscher in nicht-wissenschaftliche Bereiche oder ins Ausland.
Traditionelle Rollenbilder als Hürde
"Strukturelle Probleme innerhalb des wissenschaftlichen Betriebs" wie auch die Rahmenbedingungen für Beruf und Karriere - Stichwort: traditionelle Rollenbilder - halten nach wie vor viele Frauen von der wissenschaftliche Laufbahn ab.

Eine Karriere an einer Uni erfordert "kontinuierliche, durchgängige Forschungsarbeit". Vor allem die Publikationstätigkeit sei für ein Vorankommen ausschlaggebend. "Während es für Männer sehr wohl möglich ist, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen, ist dies für Frauen nur unter den schwierigsten Voraussetzungen durchführbar", so Haas.
Hindernisse für zugewanderte Menschen
Bei der Migration zeige sich, "dass der Wunsch nach Hochqualifizierten derzeit weder durch den Bereich der vorangegangenen, noch durch den Bereich der zukünftigen Migrationsbewegungen erfüllt werden kann", so die Autorin.

Probleme stellten sich hier u.a. durch das niedrige Bildungsniveau von Migranten, sprachliche Barrieren, "keine Brain-Gain-Strategie" sowie ein "mangelndes Bewusstsein für das Potenzial ausländischer Arbeitskräfte". Bisher fehlt eine "durchgängige Strategie", um Höherqualifizierte nach Österreich zu holen. "Nach wie vor hindern administrative und gesetzliche Hürden ausländische Akademiker ebenso am Übersiedeln nach Österreich wie die wahrgenommene Fremdenfeindlichkeit", so die Autorin.
"Langfristige, umfassende Strategie" nötig
Es braucht laut der Studie eine Ausgestaltung des Bildungssystems, die eine stärkere Durchlässigkeit erlaubt, möglichst fair und an individuelle Bedürfnisse angepasst ist. Zudem müssten die Karriereoptionen an den Universitäten und Forschungseinrichtungen verbessert werden. Notwendig sei eine "langfristige, umfassende Strategie", die auch bewusstseinsbildende Maßnahmen enthält.

[science.ORF.at/APA, 14.4.08]
->   Rat für Forschung und Technologieentwicklung
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01.01.2010