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Ephesos: Intrigen bei archäologischen Grabungen  
  Ein Intrigenspiel könnte die österreichischen Grabungen in der antiken Stadt Ephesos gefährden: Wie das "profil" schreibt, versuchen Neider, die Türkei dazu zu bringen, die neue Grabungsleiterin abzulehnen.  
Ehe Sabine Ladstätter im Dezember 2007 zur neuen Grabungsleiterin in Ephesos - ein Flaggschiff österreichischer Archäologie - bestellt werden konnte, hatte es ein langwieriges Auswahlverfahren mit allen möglichen Einflüsterungsversuchen deutlich über der Grenze zum Intrigenspiel gegeben. Von neidischen Kollegen war damals in informierten Kreisen die Rede gewesen.
Vorwurf der Türkei-Feindlichkeit
Schon damals sei sie mit ihrer Familiengeschichte konfrontiert worden, sagt Sabine Ladstätter, da ihr Vater in Kärnten FPÖ-Politiker gewesen ist und angeblich Türkei-feindlich eingestellt sei, wie aus einem Dossier des türkischen Außenministeriums hervorgehe.

Ladstätter, die nachgewiesenermaßen türkenfreundlich ist, und mit der politischen Aktivität ihres Vaters nichts zu tun hat, konnte das in einem Gespräch mit ihren Vorgesetzten im Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) und an der Akademie der Wissenschaften klären. Eines wurde der jungen Archäologin übrigens nie direkt vorgeworfen, sagt sie im ORF-Radio:

"Ich wurde nie mit einem Vorwurf konfrontiert, was meine fachliche Qualifikation betrifft. Mein Alter, ich bin 39, und die Tatsache, dass ich ein Kleinkind habe, sind natürlich Grundvoraussetzungen dafür, dass ich - wie man in der Fußballersprache sagt - keinen 'aufgelegten Elfer' für so eine Position hatte, und dann hat man hat vermeintliche 'dirty details' gesucht, die aber aus meiner eigenen Biographie heraus völlig absurd sind."
Ministerium steht zur Archäologin
Im Wissenschaftsministerium denkt man jedenfalls nicht daran, von Ladstätter abzurücken. Sie sei von der Mehrheit der Fachgutachter an die erste Stelle gereiht worden, der Minister habe entschieden. Man werde weiter daran arbeiten, der türkischen Seite die Qualifikation der Archäologin glaubhaft darzulegen.

Die Türken hätten Bedenken wegen des zu jugendlichen Alters und zu geringer Organisationserfahrungen gehabt, heißt es beim ÖAI, wo man aber mit einem Einlenken der Türkei rechnet. Deren Botschaft in Wien sagt einmal mehr: man habe nichts gegen Ladstätter und wolle lediglich mehr Informationen über ihre fachliche Qualifikation.
Grabungsgenehmigung noch nicht erteilt
Und auch Sabine Ladstätter selbst ist optimistisch, denn sie denkt, dass die Querschüsse nicht aus der Türkei kommen, und schon gar keine EU-politische Dimension haben: "Ich glaube, dass die türkische Seite sich das ganz genau angesehen hat, und sich einfach den Besten oder die Beste holen will. Ich vertraue den türkischen Autoritäten."

Die Zeit drängt schon ein bisschen, denn die jährlich zu erneuernde Grabungsgenehmigung ist von der Türkei für 2008 noch nicht erteilt worden. Sollte sie nun nicht zustande kommen, wäre es nach 113 Jahren das erste Mal, dass mögliche Intrigen innerhalb der österreichischen Archäologenszene eine der wichtigsten Grabungen Kleinasiens zu Fall bringen würden.

Martin Haidinger, Ö1 Wissenschaft, 16.4.08
->   Grabungen in Ephesos (ÖAI)
->   Gesellschaft der Freunde von Ephesos
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Neue Grabungsleiterin in Ephesos (27.12.07)
->   Helden der Arena: Gladiatoren von Ephesos (7.5.02)
 
 
 
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01.01.2010