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Indiana Jones' gefälschter Kristallschädel  
  Im neuen Indiana-Jones-Film sucht der Titelheld nach einem südamerikanischen Kristallschädel. Analysen von vermeintlichen Originalen zeigen: Solche Skulpturen wurden möglicherweise nie hergestellt.  
Alles nur gefälscht
Wissenschaftler des British Museum und der Smithsonian Institution haben nun gezeigt, dass es sich bei solchen Kristallschädeln in ihrer Sammlung nicht um Objekte der Mayas, Azteken oder Mixteken handelt, sondern um Fälschungen, die oft kaum älter als ein halbes Jahrhundert sein dürften.
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Die Studie "The origin of two purportedly pre-Columbian Mexican crystal skulls" von Margaret Sax et. al. ist im "Journal of Archaeological Science" erschienen (doi:10.1016/j.jas.2008.05.007).
->   Abstract
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Moderne Werkzeuge und Schleifmittel
 


Zahlreiche solcher Totenköpfe unterschiedlicher Größe befinden sich in mehreren Museen weltweit. Schon seit Jahren gibt es Vermutungen, dass es sich um Fälschungen handeln könnte. Nun haben Wissenschaftler die beiden bekanntesten Schädel - jene in Originalgröße - mit neuen Methoden untersucht. Neben einer mikroskopischen Untersuchung betrachtete man Silikonabdrücke der Schädel unter dem Elektronenmikroskop.

Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass die Skulpturen mit runden Schleifscheiben hergestellt wurden. Über solche verfügten Azteken aber erst nach dem Einmarsch der Spanier. Weiters fanden die Forscher Spuren moderner Schleifmittel - etwa Diamant oder Carborundum. Die alten Südamerikaner hätten hier Quarz verwendet.

Das Alter des Kristalls selbst lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Die Forscher vermuten aber, dass er aus Brasilien, Madagaskar oder sogar den Alpen stammen könnte - alles Orte zu denen die Azteken keine Handelsbeziehungen unterhalten haben dürften.
Unbekannte Herkunft
Alle bekannten Schädel zeichnen sich durch ihre unbekannte Herkunft aus. Bisher sei kein kristallener Totenkopf bei einer Ausgrabung gefunden worden, so die Wissenschaftler. Man habe bei den alten Kulturen zwar Skulpturen aus Kristall gefunden, jedoch nicht in Form von Totenköpfen. Die künstlichen Totenköpfe, die man fand, bestehen wiederum meist aus Basalt. Daher vermuten die Forscher, dass derartige Köpfe aus Kristall möglicherweise nie hergestellt wurden.

Das British Museum erstand seinen Totenschädel im Jahr 1897. Der französische Antiquitätenhändler Eugène Boban hatte den Schädel kurz davor an einen New Yorker Juwelier verkauft, ehe der Kopf ans British Museum ging. Die Wissenschaftler verdächtigen Boban, den Schädel bei europäischen Handwerkern in Auftrag gegeben zu haben. Boban war auch Archäologe des Kaisers Maximilian I. von Mexiko.

Der Totenkopf im Smithsonian Institut wurde diesem 1992 anonym gespendet. Der Spender behauptete in einem Brief, der Kopf sei 1960 in Mexiko gekauft worden.
Moderne Kultobjekte
Die meisten kristallenen Totenköpfe tauchten in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts auf. Die Wissenschaftler vermuten, dass dies mit einem gestiegenen Interesse an den Objekten durch die New Age Bewegung zusammen hängen könnte.

Der Totenkopf im British Museum wird auch trotz seiner Fälschung weiterhin in der permanenten Ausstellung zu bewundern sein.

Mark Hammer, science.ORF.at, 23.5.08
->   Schädel British Museum
->   Schädel Smithsonian
->   Eugène Boban - Wikipedia
->   Carborundum - Wikipedia
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01.01.2010