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Rauchschwalben: Gefärbte Federn machen männlich  
  Äußerlichkeiten spielen beim Paarungsverhalten zahlreicher Lebewesen eine wichtige Rolle, mehr noch: So wie Kleider Leute, "machen" Federn offenbar den Vogel. Forscher haben nämlich festgestellt, dass bei Schwalbenmännchen der Testosteronspiegel deutlich anstieg, nachdem sie deren Brustfedern künstlich dunkelrot eingefärbt hatten - normalerweise ein Signal für ausgeprägte Männlichkeit.  
Demnach gibt es eine starke Wechselwirkung zwischen äußerer Erscheinung und innerer Physiologie. Laut den Wissenschaftlern rund um Rebecca Safran von der University of Colorado at Boulder liefert dieser Umstand neue Hinweise auf die Evolution von Attraktivitätsmerkmalen.
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Der Artikel "Sexual signal exaggeration affects physiological state in male barn swallows" von Rebecca J. Safran et al. ist in der aktuellen Ausgabe von "Current Biology" (3. Juni 2008, Bd. 18) erschienen.
->   Current Biology
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Mit Farbe "künstlich verschönert"
Bild: Kevin Stearns
Rebecca Safran markiert eine Rauchschwalbe
Für ihre Studie fingen die Vogelforscher 63 männliche Exemplare der amerikanischen Rauchschwalbe aus verschiedenen Kolonien am Anfang der Brutzeit, also genau dann, wenn die Paarbildung üblicherweise beginnt. Die Brustfedern von ungefähr der Hälfte der Vögel färbten sie mit ungiftiger Farbe - so, dass sie den dunkelrötesten, attraktivsten Federn innerhalb ihrer Population glichen.

Dann wurden die Vögel wieder in ihren natürlichen Lebensraum entlassen. Nach einer Woche fingen die Wissenschaftler rund um Safran die Tiere wieder ein und führten diverse Bluttests durch, um die Konzentration der männlichen Geschlechtshormone zu messen.

Das erstaunliche Ergebnis: Der Testosteronspiegel der gefärbten Rauchschwalben war deutlich gestiegen, während er bei der Kontrollgruppe gesunken war, was typischerweise im Lauf der Brutzeit passiert. Zusätzlich hatten die manipulierten Vögel Gewicht verloren, was laut den Forschern unter Umständen eine Folge ihrer erhöhten Aktivität sein könnte.
Bunte Federn lassen Hormonspiegel steigen
Offenbar hatten die relativ geringen Veränderungen der Optik die Männchen nicht nur attraktiver erscheinen lassen, sondern auch deutliche körperliche Auswirkungen nach sich gezogen. Dies ist laut Safran die eigentliche Überraschung der Studie: "Die Manipulation am Gefieder verbesserte nicht nur ihr Aussehen, sondern veränderte tatsächlich die Körperchemie."

Bisher hätte man diesen Zusammenhang vor allem in einer Richtung festgestellt: das heißt, innere physiologische Eigenschaften - wie etwa Gesundheit oder Hormonmengen - werden durch äußere Merkmale ausgedrückt. Ein hoher Hormonspiegel führt demnach zu attraktiverem oder männlicheren Aussehen.

Die aktuelle Untersuchung habe aber gezeigt, dass es sich um ein Wechselspiel von Innen und Außen handelt.
Schönheit ist (regional) relativ
Dies könnte auch erklären, warum sich in verschiedenen Gebieten unterschiedliche Attraktivitätsmerkmale entwickelt haben, wie vergangene Vergleichsstudien festgestellt hatten.

In Europa besitzen die männlichen Rauchschwalben etwa anstelle der färbigen Brust lange Schwanzfedern als Männlichkeitszeichen. Die Auswahl der Weibchen steuert so offenbar die Entwicklung des Aussehens der Art.
Reaktionen der Weibchen gibt den Ausschlag
Safrans Erklärung für die Wechselwirkung: Auch menschliche Männer fühlen sich in einem neuen Outfit besser oder attraktiver. Dies hätte vermutlich auch biochemische Folgen. Ganz ähnlich könne man sich das bei der Rauchschwalbe vorstellen.

Natürlich hat ein Vogel keinen Spiegel, aber sobald er unter seinesgleichen kommt, bestätigen die Reaktionen der Artgenossen seine gestiegene Attraktivität, was wiederum die Hormonproduktion ankurbelt.

[science.ORF.at, 3.6.08]
->   University of Colorado at Boulder
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01.01.2010