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Serotoninmangel: Diät macht aggressiv  
  Wer mit leerem Magen hin und wieder schlechte Laune bekommt, könnte künftig den Hirnstoffwechsel dafür verantwortlich machen. Der diätbedingte Mangel des Botenstoffes Serotonin macht einer Studie zufolge aggressiv.  
Schlaf- und Stimmungsregler
Serotonin ist ein guter Bekannter der Hirnforschung. Der Botenstoff ist etwa an der Regulation unseres Schlaf-Rhythmus beteiligt, die Drogen LSD und Meskalin erzeugen Halluzinationen, in dem sie an Serotonin-Rezeptoren binden, und nicht zuletzt ist unsere ganze Gefühlswelt von der Verfügbarkeit dieser vielseitigen Substanz abhängig. Depressionen gehen beispielsweise oft auf einen Serotoninmangel im Hirn zurück.

Den Zusammenhang von Serotonin und Stimmungsschwankungen hat sich nun auch eine Forschergruppe um Molly Crockett von der University of Cambridge genauer angesehen - und zwar im Hinblick auf Aggressionen (Science, doi: 10.1126/science.1155577).
Das "Ultimatum Game"
Um etwaige Missstimmungen messbar zu machen, schickten die US-Psychologen Probanden in das sogenannte "Ultimatum Game". Dabei bekommt ein Spieler (A) einen Geldbetrag, den er mit einem zweiten (B) teilen muss. A obliegt es in diesem Spiel, die konkrete Teilungsrate zu bestimmen, er bzw. sie kann B ein faires Angebot (etwa 50:50) machen, kann aber auch egoistisch sein und B lediglich 20 Prozent des Gesamtbetrages anbieten.

B hat darauf wie gesagt keinen Einfluss, darf aber unfaire Angebote zurückweisen. In diesem Fall bekommt niemand etwas ausgezahlt, Revanche ist in dieser Konstruktion also eine kostspielige Sache.
Stoffwechselblocker macht weniger tolerant
Normalerweise wird etwa jedes zweite unfaire Angebot im Bereich von 20 bis 30 Prozent abgelehnt - eine Rate, die auch in den Versuchen von Crockett und Co. bestätigt wurde. Allerdings nur in der Kontrollgruppe. Bei den restlichen Probanden wurde der Serotoninspiegel künstlich herabgesetzt, und zwar durch einen Drink, der kurzfristig die Einschleusung der Aminosäure Tryptophan (dem Hauptbaustoff von Serotonin) in den Stoffwechsel blockiert.

Diese biochemische Bremse änderte in der Tat die Reaktion der Versuchspersonen, sie wiesen unfaire Angebote in acht von zehn Fällen zurück. "Unsere Studie zeigt, dass Serotonin eine kritische Rolle bei sozialen Entscheidungen spielt, indem es aggressive Reaktionen in Zaum hält", sagt Molly Crocket. "Änderungen der Ernährung und Stress lassen den Serotoninlevel auch auf natürliche Weise fluktuieren, es ist daher wichtig zu verstehen, wie das unsere täglichen Entscheidungen beeinflusst."

Womit ein wichtiger Punkt angesprochen ist: Wenn ernährungsbedingter Serotoninmangel auf die Stimmung drückt, dann kann eine passende Mahlzeit auch die gegenteilige Wirkung haben. Als Gute-Laune-Menü wäre etwa Hühnersuppe und Bitterschokolade zu empfehlen. In diesen Lebensmitteln ist nämlich viel Tryptophan drin.

Robert Czepel, science.ORF.at, 6.6.08
->   Serotonin - Wikipedia
->   Ultimatum Game - Wikipedia
->   Molly Crockett
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01.01.2010