News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Wissen und Bildung 
 
Biologen: Sprachenvielfalt durch Parasiten  
  Rund 6.500 Sprachen gibt es heute weltweit, die höchste Vielfalt herrscht rund um den Äquator. Ursache dafür sind laut US-Biologen unterschiedliche Krankheitserreger, die den Kontakt zwischen den Gruppen im Verlauf der Evolution erschwerten.  
Von der Biodiversität in den Tropen auf die Vielfalt der Sprachen schließen Corey Fincher und Randy Thornhill von der University of New Mexico.
...
Die entsprechende Studie "A parasite-driven wedge: infectious diseases may explain language and other biodiversity" ist in der Fachzeitschrift "Oikos" (doi:10.1111/j.0030-1299.2008.16684.x) erschienen.
->   Abstract der Studie
...
Biodiversität in den Regenwäldern am größten
Hintergrund der Studie ist ein bekanntes Phänomen der Ökologie: Die Artenvielfalt ist rund um den Äquator, in den Tropen und Subtropen, am größten, die Regenwälder sind jene Regionen mit der höchsten Artendichte und -vielfalt. Je näher man zu den Polen kommt, desto geringer ist die Biodiversität.
Kosten und Nutzen von Kontakt mit anderen
Warum das so ist, wollen Fincher und Thornhill mit ihrer Parasitenstudie beantwortet haben. "Individuen müssen Kosten und Nutzen beim Kontakt mit Artgenossen abwägen", meinte Fincher gegenüber dem Online-Dienst des "New Scientist".

Zu den Kosten zähle die Gefahr, sich mit Krankheitserregern eines fremden Individuums anzustecken, an die das eigene Immunsystem nicht angepasst ist. Ist diese Gefahr hoch, wird der Kontakt eingeschränkt.
Parasiten: Treibende Kraft der Evolution
Überprüft wurde diese These erstmals in den 1970er Jahren, als Forscher verschiedene Pavianpopulationen untersuchten. Es zeigte sich, dass in der afrikanischen Savanne die Affen von ähnlichen Bakterien befallen waren und in regem Austausch miteinander standen.

In den Regenwäldern hingegen unterschied sich der Bakterienbefall zwischen den Populationen stark und die Paviane interagierten weit weniger. Die verschiedenen Parasiten, so lautete der Schluss, sind eine treibende Kraft der Evolution.
Sprachen - ein Ausdruck von Biodiversität
Corey Fincher und Randy Thornhill meinen, dass dies auch für die Menschen gilt. Mit linguistischen Feinheiten halten sich die Forscher nicht auf, sie sind ja auch Biologen: Insofern betrachten sie menschliche Sprachen als einen Ausdruck von Biodiversität, so wie andere Parameter auch.

Fincher und Thornhill haben zur Überprüfung ihrer These Daten über die Verbreitung von Parasiten und die Vielfalt indigener Sprachen in aller Welt gesammelt.
Mehr Sprachen, unterschiedlichere Parasiten
Wie sie in ihrer Studie schreiben, gab es überall eine strenge Korrelation zwischen diesen beiden Größen: Je mehr Sprachen es in einem Gebiet gibt, desto unterschiedlicher sind auch die Krankheitserreger, die die verschiedenen Menschengruppen tragen.

Diesen Zusammenhang bleibe selbst dann bestehen, wenn man historische und kulturelle Unterschiede - verursacht etwa durch die Auswirkungen der Kolonialisierung - in Rechnung stellt, schreiben die Forscher.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 17.6.08
->   Language Map of the World
->   Randy Thornhill, University of New Mexico
->   New Scientist
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Kulturelle Differenzen: Produkt von Gehirnparasiten?
->   Parasiten: Gefährliche Mitesser
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010