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Patentierung menschlicher Stammzellen?  
  Im Europäischen Patentamt (EPA) wird ab Dienstag in einem Präzedenzfall über die Patentierung menschlicher Stammzellen verhandelt. Die Umweltorganisation Greenpeace spricht sich vorab dagegen aus.  
"Wir sind strikt dagegen, dass Patente auf menschliches Leben vergeben werden. Patentierung bedeutet einen kommerziellen Anreiz zur Stammzellenforschung. Das ist das Problem", sagte der Patentexperte von Greenpeace, Christoph Then, am Montag in München.
Präzedenzfall in München
Am EPA seien insgesamt 41 Stammzell-Patente angemeldet, eines von ihnen beziehe sich auch auf Zellen aus menschlichen Embryonen, sagte Ruth Tippe von der Initiative "Kein Patent auf Leben".

Derzeit würden 110 Patentanmeldungen in der Stammzellenforschung geprüft, für 68 weitere Patente sei eine Prüfung beantragt.

Wie es mit diesen Anträgen weiter geht, hängt wesentlich von dem Ausgang des Präzedenzfalles ab, der vor der Großen Beschwerdekammer des EPA verhandelt wird.
Höchste Instanz muss entscheiden
Der US-amerikanische Forscher James Thomson hatte ein Patent auf Stammzellen beantragt, das auch embryonale Zellen umfasst.

Mit dem Hinweis auf die Regel 23d des Europäischen Patentübereinkommens, die "die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken" von der Patentierbarkeit ausschließt, hatten alle bisherigen Instanzen seinen Antrag abgelehnt.

Mit Thomsons Einspruch vor der Großen Beschwerdekammer des EPA ist nun die höchste Instanz erreicht.
Ausgang des Verfahrens hat weltweite Signalwirkung
"Die Verhandlung schließt eine langjährige Diskussion mit einer Grundsatzentscheidung über die Patentierbarkeit embryonaler Stammzellen ab", sagte Then.

Er äußerte sich zuversichtlich, dass das EPA bei seiner bisherigen Haltung bleiben und gegen Thomson entscheiden werde. Der Ausgang der Verhandlung habe weltweite Signalwirkung, sagte Then.

Dietmar Mieth, Moraltheologe und Autor des Buches "Ethik und Wissenschaft in Europa", kritisierte, dass das Patentamt eine derart weitreichende Entscheidung treffen dürfe, ohne politische Instanzen zurate zu ziehen. "

Es liegt eine zu große Last auf dem Amt", sagte er. Das EPA sei nicht demokratisch legitimiert und habe außerdem durch Revisionen einiger Entscheidungen gezeigt, dass diese nicht verlässlich seien.

[science.ORF.at/dpa, 23.6.08]
->   Europäisches Patentamt (EPA)
->   Mehr zum Thema Stammzellen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010