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Rundeste Kugeln sollen Urkilo neu definieren  
  Ein internationales Forscherteam hat die bisher rundesten Kugeln der Welt geschafften. Sie bestehen aus Silizium, messen rund zehn Zentimeter im Durchmesser und weisen eine Rauheit von weniger als einem Nanometer auf. Die Kugeln sollen nicht ästhetische Ansprüche befriedigen, sondern in erster Linie bei der Lösung eines wissenschaftlichen Problems helfen: Sie sollen das Urkilo neu definieren.  
Das Kilogramm ist schon lange ein Sorgenkind der Wissenschaft: Das Urkilo, ein 39 Millimeter hoher Zylinder aus einer Platin-Iridium-Legierung, der in einem Tresor in Sevres bei Paris aufbewahrt wird, verliert nämlich an Gewicht.

Deshalb wird schon länger nach einer Alternative gesucht, um die Maßeinheit unabänderlich festzulegen, berichtet der "New Scientist".
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Die ungewöhnlichen Kugeln wurden bei einer Konferenz zu Astronomischen Teleskopen und Instrumenten in Paris präsentiert.
->   Mehr über die Konferenz
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Atome-Zählen
Eine Methode, ein neues Urkilo zu kreieren, ist das Abzählen aller Atome einer idealen Kugel. Das internationale Avogadro-Projekt versuchte sich an Silizium-Atomen. Damit diese Vorgangsweise zu genauen Ergebnissen führt, muss das Ausgangsmaterial bis ins Detail bekannt sein.
Russland, Deutschland ....
 
Bild: CSIRO

Bis die Kugeln von Achim Leistner (Bild oben) vom Zentrum für Präzisionsoptik im australischen Sydney geschliffen werden konnten, musste daher ein hochreines Material hergestellt werden - und das erforderte mehrere Schritte:

In Zentrifugen in Russland, die zu Sowjet-Zeiten zur Verfeinerung von Uran für Nuklearwaffen eingesetzt wurden, wurde Silizium mit dem höchsten Reinheitsgrad produziert. Dieses wiederum verwendeten deutsche Forscher, um einen riesigen Einkristall herzustellen, den sie in zwei Blöcke zu je fünf Kilo aufteilten.
.... Australien
Diese gingen an das Zentrum für Präzisionsoptik in Sydney, wo die Kugeln letztlich geschliffen wurden - vom Präzisionsoptiker Achim Leistner, der dazu extra aus der Pension zurückgeholt wurde.
->   Video zur Herstellung der Kugeln
Extrem glatte Oberfläche
Die Unebenheiten auf der Oberfläche der Kugeln bewegen sich unter einem Nanometer (ein Millionstel Millimeter). Würde man die Kugeln auf die Größe der Erde aufblasen, könnte man eine leichte Abweichung von zwölf bis 15 Millimetern feststellen, beschreibt Leistner gegenüber dem "New Scientist".

In den nächsten Monaten werden nun mehrere Forschergruppen versuchen, die genaue Anzahl an Atomen in den Kugeln zu berechnen. Durch die Multiplikation von Volumen und Dichte hoffen sie auf eine genaue Angabe zu kommen, wie viele Atome ein Kilogramm ausmachen.
Entscheidung des BIMP unsicher
Selbst wenn ihnen das gelingt, ist es aber mehr als unsicher, ob das Internationale Büro für Maß und Gewicht (BIMP) diese Methode als neuen Standard für das Kilogramm akzeptiert.

Es gibt auch ganz andere Ansätze, etwa mit Magnetfeldern und elektrischen Kräften zu arbeiten. Der Wettlauf zum neuen Urkilo bleibt also spannend.

[science.ORF.at, 2.7.08]
->   Mehr zum Avogadro-Projekt
->   Internationales Büro für Maß und Gewicht (BIMP)
->   "New Scientist"
Mehr über das Urkilo in science.ORF.at:
->   Urkilo in der Reinigung (20.2.08)
->   Urkilogramm verliert Gewicht (14.9.07)
 
 
 
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01.01.2010