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Neue Beobachtungsmethode für Neutrinos  
  Mit einer neuen Beobachtungsmethode möchte ein internationales Team von Wissenschaftlern den nach wie vor bestehenden Geheimnissen der mysteriösen Neutrinos auf die Spur kommen.  
Beteiligt ist u.a. das Stefan-Meyer-Institut für subatomare Physik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und die Technische Universität (TU) München.

Im Gegensatz zu den bisherigen Experimenten - etwa mit riesigen Wassertanks - laufen die Versuche in Beschleunigern ab. Die Neutrinos werden dabei indirekt beobachtet.
Hoch ionisierte Atome
Das Experiment läuft in mehreren Stufen ab. Zuerst werden hochenergetische Strahlen des Elements Samarium auf ein sogenanntes Target aus Beryllium geschossen. Dabei entstehen radioaktive Atome der beiden Elemente Praseodym und Promethium.

Diese hoch ionisierten Atome - mit nur einem Elektron in der K-Schale - jagten die Forscher dann durch den Experimentier-Speicherring der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt und ermittelten ihre Kernzerfallszeiten.
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Die entsprechende Studie "Observation of non-exponential orbital electron capture decays of hydrogen-like 140Pr and 142Pm ions" ist in der Fachzeitschrift "Physics Letters B" (Bd. 664, S. 162-168, Juni 2008) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Unregelmäßigkeiten beim Kernzerfall
Bei der Messung der Zerfallsraten beobachteten die Forscher unter der Leitung von Paul Kienle (ÖAW und TU München) Unregelmäßigkeiten, im Fachjargon Modulationen genannt. Im Rhythmus von 3,5 Sekunden ereigneten sich einmal mehr und einmal weniger Zerfälle, erklärte Kienle.

Die Forscher gehen nun davon aus, dass die Modulationen durch eine rätselhafte Eigenschaft der beim Zerfall erzeugten Neutrinos zustande kommt, nämlich durch eine Mischung verschiedener Typen von Neutrinos mit sehr kleinen Massenunterschieden.
->   Details des Experiments (pdf-Datei; ÖAW)
Verschränkte Teilchen
"Diese Entdeckung eröffnet einen völlig neuen Zugang zum Studium der schwer fassbaren Eigenschaften der Neutrinos", so der Physiker.

Radioaktive Kerne können auf unterschiedliche Arten zerfallen. Im vorliegenden Fall wurde das Elektron aus der K-Schale vom Kern gleichsam eingefangen und dabei durch Umwandlung eines Protons in ein Neutron ein Tochterkern ohne Elektron und ein Neutrino erzeugt.

Nachdem Tochterkern und Neutrino verschränkt sind, kann durch die Analyse der Eigenschaften des Kerns auch auf den Zustand des Neutrinos geschlossen und dieses so indirekt untersucht werden.
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Verschränkung
Die Verschränkung ist ein seltsames Verhalten der Quantenwelt. Zwei verschränkte Teilchen bleiben wie über einen unsichtbaren Faden verbunden. Misst oder manipuliert man einen der beiden Partner, kennt man auch Eigenschaften des anderen, ohne diesen selbst untersuchen zu müssen.
->   Quantenverschränkung (Wikipedia)
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Schwer zu fassende Teilchen
Neutrinos gelten als extrem flüchtige Teilchen. Der überwiegende Teil etwa der aus der Sonne kommenden Neutrinos geht völlig unbeeindruckt durch massive Körper wie die Erde hindurch.

Bisher waren Wissenschaftler für die Untersuchung der Neutrinos darauf angewiesen, etwa in sehr großen unterirdischen Wassertanks auf die seltenen Zusammentreffen von Neutrinos mit anderen Teilchen zu warten.

In den Tanks sind ganze Batterien von Sensoren angebracht, welche die Spuren der Kollisionen aufnehmen.

[science.ORF.at/APA, 18.7.08]
->   Stefan-Meyer-Institut für subatomare Physik, ÖAW
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   "Acceleronen" sollen Dunkle Energie erklären
->   Wie Neutrinos ihre Zustände wechseln
->   Das gelöste Neutrino-Mysterium
 
 
 
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01.01.2010