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Wasserstrahlchirurgie gegen Bandscheibenvorfälle  
  Seit kurzem können leichte Bandscheibenvorfälle sehr schonend mit der "Wasserstrahlchirurgie" operiert werden. Ein deutscher Mediziner hat damit bereits 40 Patienten erfolgreich behandelt.  
Wasserstrahl schneidet scharf und schonend
Der Vorteil der Methode ist, dass sie sehr selektiv ist, also umliegendes Gewebe schont, dass sie unter Lokalanästhesie durchgeführt werden kann und dass der Eingriff sehr kurz dauert.

Dietrich Grönemeyer vom Institut für Mikrotherapie in Bochum und Lehrstuhlinhaber des Instituts für Radiologie und Mikrotherapie an der Universität Witten-Herdecke hat ist der "Vater" der Mikrotherapie. Das sind schmerztherapeutische Eingriffe mit feinsten Instrumenten unter Kontrolle eines Computer- oder Kernspintomographen.
Alte Idee optimiert
Mit einem hauchdünnen, hochgradig beschleunigten Wasserstrahl Gewebe zu schneiden, präzise wie mit dem Laser, aber schonender: Die Idee ist nicht neu. Doch bisher war die Wasserstrahlchirurgie sehr schwer beherrschbar und deswegen wurde sie nach einigen Versuchen von den meisten Medizinern wieder ad acta gelegt.

Nun ist es einem Team von Ingenieuren und Ärzten unter der Leitung von Grönemeyer gelungen, den Wasserstrahl exakt zu kontrollieren. Seither operiert Grönemeyer am Privatinstitut für Mikrotherapie in Bochum bzw. an der Universität Witten-Herdecke mit dieser Methode Bandscheibenvorfälle leichterer Art.
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Tomograph als verlängertes Auge
Operiert wird unter ständiger Sicht mittels eines Computer- oder Kernspintomographen, der quasi als verlängertes Auge dient. Es ist alles genau zu sehen von den Nerven, der Muskulatur, den Blutgefäßen bis zum Rückenmarkskanal.
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Gewebe mit Wasser abtragen und absaugen
Der Patient liegt auf dem Bauch. Er bekommt eine leichte Lokalanästhesie. Es wird eine hauchdünne Sonde unter Sicht am Nerven vorbei in die Bandscheibe eingeführt. Darüber wird dann der Wasserstrahl hineingeleitet und auch wieder zusammen mit dem abgetrennten Gewebe abgesaugt.
Vorteil gegenüber Laserchirurgie: keine Verrußungen
Nach einer halben Stunde ist der Eingriff vorbei und der Patient kann sich wieder nahezu schmerzfrei bewegen. Es folgen ungefähr drei Monate Physiotherapie.

Anders als bei der Laserchirurgie verdampft nichts und es kommt auch zu keinen Verrußungen. Doch es gibt Einschränkungen.
Schwere Vorfälle nur offen operierbar
Die gängige Methode ist die offene Operation unter dem Mikroskop. Sie bleibt bei schweren Bandscheibenvorfällen, bei Massenbandscheibenvorfällen und bei Lähmungen die Methode der Wahl. In den anderen Fällen müsse, so Grönemeyer, der Körper nicht mehr eröffnet werden.

Denn im Tomographen sei genau zu sehen, wo man hin will und dann könne man beispielsweise eben mit dem Wasserstrahl direkt in den vorgefallenen Anteil der Bandscheibe hineingehen und ihn abtragen.
Gefahr: Wasser im Spinalkanal
Eine mögliche Gefahr bei Bandscheibenoperationen mit der Wasserstrahlchirurgie ist, dass größere Mengen von Wasser in den Spinalkanal der Wirbelsäule eintreten. Die Methode sollte daher nur von gut geschulten Spezialistenteams bestehend aus Neurochirurgen, Orthopäden, Anästhesisten, Radiologen und Mikrotherapeuten angewendet werden.

Bei den vierzig bisher von Grönemeyer behandelten Patienten habe es, so der Bochumer Radiologe und Mikrotherapeut, keine Komplikationen gegeben. Seit ungefähr sechs Monaten operiert Grönemeyer Bandscheibenvorfälle mit der Wasserstrahlchirurgie.

Maria Mayer, Ö1 Wissenschaft, 7.8.08
->   Das Stichwort "Bandscheiben" im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010