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Der Fingerabdruck wird "chemisch"  
  Kriminalisten werden sich über die letzte Veröffentlichung des US-Forschers Graham Cooks freuen: Er hat eine neuartige Methode zur chemischen Analyse von Fingerabdrücken entwickelt. Damit lässt sich nachweisen, ob eine Person in letzter Zeit mit Drogen oder Sprengstoff in Berührung gekommen ist.  
Rückstände unter der chemischen Lupe
"Der klassische Fingerprint ist ein Tintenabdruck, der die einzigartigen Schleifen und Windungen zum Zweck der Identifizierung zeigt. Aber Fingerabdrücke hinterlassen auch eine einzigartige Verteilung von Molekülen", sagt Graham Cooks von der Purdue University. "Manche dieser Rückstände stammen aus natürlichen Verbindungen der menschlichen Haut, andere von Oberflächen und Materialien, die eine Person zuvor berührt hat."

Diese Rückstände haben Cooks und seine Mitarbeiter einer Analyse per Massenspektrometrie unterzogen, wie sie im Fachjournal "Science" (Bd. 321, S. 851) berichten. Die Methode ist schon lange ein wichtiger Bestandteil der analytischen Chemie und beruht im Wesentlichen darauf, dass gasförmige Ionen nach ihrem Masse-Ladungsverhältnis aufgetrennt werden. Die dabei entstehenden charakteristischen Spektren geben dann Aufschluss darüber, um welche Substanz es sich handelt - und unter Umständen auch, wie viel davon da ist.

Die US-Chemiker haben die Methode nun wesentlich vereinfacht. Die notwendige Ionisierung der Testsubstanzen passiert nicht wie bei klassischen Geräten in der Vakuumkammer, sondern in der Luft mit Hilfe geladener Wassertröpfchen. Das ermöglicht eine beschleunigte und vor allem ortsunabhängige Analyse - für kriminalistische Zwecke wohl ein Vorteil.
Drogen, Sprengstoff, Stoffwechselprodukte
 


Die Ergebnisse haben Cooks und seine Mitarbeiter dann in ein Programm eingespeist, das den klassischen Fingerprint mit molekularen Daten zum "Chemoabdruck" verschmilzt (Bild oben).

"Nachdem die Verteilung chemischer Verbindungen einzigartig sein kann, verwenden wir diese Technologie auch, um übereinander liegende Fingerabdrücke voneinander zu trennen", erläutert Demian Ifa, Erstautor der Studie und Postdoc in Cooks' Team.

Bis jetzt haben die US-Forscher ihre Methode an drei kriminalistisch interessanten Substanzen - erfolgreich - getestet, nämlich an Kokain, Delta9-THC (der psychoaktive Bestandteil von Cannabis) sowie dem Sprengstoff RDX. Prinzipiell kann man auf diese Weise nicht nur auf der Haut haftende Fremdstoffe nachweisen, sondern auch Metabolite, die auf bestimmte Stoffwechselvorgänge im Körper hindeuten. Das könnte die Technologie auch für medizinische Zwecke interessant machen.

Fazit: Die neue Methode dürfte simpler, schneller und zudem aussagekräftiger sein als bisherige Ansätze. Einzig ihr Name hinkt punkto Einfachheit noch ein wenig hinterher: Desorptions-Elektro-Spray-Ionisations-Massenspektrometrie.

Robert Czepel, science.ORF.at, 8.8.08
->   Graham Cooks
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01.01.2010