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Massiver Fälschungsverdacht an Meduni Innsbruck  
  An der Urologie der Medizinischen Universität Innsbruck könnte ein neuer Fälschungsskandal aufgeflogen sein: Sowohl die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit als auch die Uni selbst werfen einem Arzt massive Verfehlungen bei Studien zu Harninkontinenz vor.  
"Noch größeren Schaden für die Universität" abwenden
Nach dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) in einem Prüfbericht von Anfang August die Harninkontinenzstudie vehement kritisiert hatte, hat die Medizinische Universität Innsbruck den verantwortlichen Prüfarzt Hannes Strasser aufgefordert, "die gegenständliche Publikation in den wissenschaftlichen Journalen 'Lancet' und 'World Journal of Urology' unverzüglich zurückzuziehen".

Das teilte die Uniklinik in einer Aussendung mit. Dadurch soll "noch größerer Schaden für die Universität" abgewendet werden, erklärte ein Sprecher der Klinik der APA am Donnerstag.
->   Abstract der kritisierten Studie in "The Lancet"
->   Stellungnahme des "Lancet" (Gratis-Anmeldung nötig)
Disziplinarrechtliche Konsequenzen stehen im Raum
Dabei handle es sich lediglich um eine Aufforderung und nicht um eine Dienstanweisung, meinte der Sprecher. Die Universitätsklinik für Urologie wird seitens der Medizinischen Universität Innsbruck aufgefordert, sich von den Bezug nehmenden Arbeiten "umgehend in angemessener Form zu distanzieren".

Derzeit würden noch abschließende Erhebungen durchgeführt, um über mögliche disziplinarrechtliche Konsequenzen zu entscheiden. Ein Ende der Untersuchungen sei vorerst noch nicht abzusehen, sagte er.
Ohne Gutachten und Genehmigung
Die AGES hatte in ihrem Bericht kritisiert, dass "die der Publikation zugrundeliegende Phase-III-Studie ohne Arzneimittelbeirat-Gutachten und daher ohne behördliche Begutachtung und Genehmigung, ohne das nötige Ethikkommissionsvotum und ohne Meldung bei der ärztlichen Direktion der TILAK (Tiroler Landeskrankenanstalten GesmbH) durchgeführt wurde". Das hatte die "Tiroler Tageszeitung" (TT) berichtet.

Vonseiten der AGES wurden keine Details der Studie bekanntgegeben. "Wir dürfen über Inhalt und Details nicht sagen. Wir unterliegen der Amtsverschwiegenheit", schilderte Manuela-Claire Warscher von der Agentur.
Zweifel an Existenz der Studie
Darüber hinaus hätten die Inspektoren den Verdacht geäußert, dass die Studie möglicherweise als "virtuelle Studie" nachträglich über die therapierten Patienten "gestülpt" worden sei, da die vorgelegten Studiendokumente zahlreiche Authentizitätsprobleme aufweisen würden.

"Die Inspektoren äußern daher Zweifel an der Existenz der Studie und den Verdacht auf Dokumentenfälschung", hieß es in dem Bericht.
Belasteter Arzt gelassen
Der Vorstand der Urologie, Georg Bartsch, sei in dem Prüfbericht entlastet worden. Im Gegensatz dazu hätten die Inspektoren dem Urologen Hannes Strasser in seiner Eigenschaft als Prüfarzt die Verantwortung zugesprochen.

Strasser sehe den Endbericht gelassen. Die Therapie sei kein Arzneimittel und daher seien Gesetz und Leitlinien auch nicht ausschlaggebend. Eine entsprechende Regelung für diese Art von Therapien würde derzeit von der EU-Kommission ausgearbeitet.
Patienten-Klage
Strasser war in der Vergangenheit ins Kreuzfeuer der Kritik geraten, nachdem ein deutscher Patient die TILAK Anfang April auf Rückerstattung der Behandlungskosten geklagt hatte. Die Stammzellentherapie gegen Harninkontinenz an der Universitätsklinik Innsbruck hatte bei ihm nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Zudem sei er nicht ausreichend über den experimentellen Status der "nicht wissenschaftlich anerkannten Stammzellen-Therapie" aufgeklärt worden.

Besondere Brisanz haben die Vorwürfe auch deswegen, weil Zellen speziell zur Behandlung von Inkontinenz von Innsbruck an andere Universitätskliniken "exportiert" wurden. Sollte die wissenschaftliche Basis der Behandlung zweifelhaft sein, wären auch diese Kliniken massiv betroffen.

[science.ORF.at/APA, 14.8.08]
->   AGES-Mitteilung zur Prüfung der Studie
->   Bericht zur Innsbrucker Stammzellentherapie (Medical Tribune)
->   Urologie Meduni Innsbruck - Harninkontinenz
 
 
 
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01.01.2010