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Eine Anti-Betrugs-Agentur für die Forschung  
  Wie soll man Betrug und Datenmanipulation in der Wissenschaft vermeiden? Jürgen Sandkühler, Leiter des Zentrums für Hirnforschung an der Medizinischen Universität Wien, schlägt vor: Unangekündigte Laborbesuche und Datenüberprüfungen sollten künftig zum Forschungsalltag gehören. Dazu bedürfe es aber einer Art wissenschaftlichen "Anti-Doping-Agentur" - ähnlich wie derzeit im Sport.  
"Mehr Ordnung im Daten-Laden"
"Bitte schön, hier ist ihre Arbeit. Zeigen Sie bitte einmal die Originaldaten." So könnten nach Vorstellung von Sandkühler die unregelmäßigen, zufällig ausgewählten und unangekündigten Besuche ablaufen. Kann etwa ein in der Publikation präsentierter Mittelwert nicht von den Prüfern nachvollzogen werden oder offenbart sich eine Manipulation der Daten, droht der Rückzug der Arbeit.

Soll die Überprüfung per se schon vor vorsätzlichem Betrug abschrecken, sieht Sandkühler noch eine weitere Folge: "Wir müssten einfach ein bisschen mehr Ordnung in unserem Daten-Laden halten."
Prüfstellen: Staatlich ...
Der gebürtige Deutsche verweist auf die ohnehin für Wissenschaftler bestehende Dokumentationspflicht. "Wir müssen schon jetzt darauf gefasst sein, dass jemand kommt - aber es kommt niemand."

Angesiedelt werden könnte eine Prüfstelle etwa auf staatlicher Ebene: "Wir haben doch auch staatliche Gelder, die zur Gewinnung der Daten hergeben werden. Warum sollen wir nicht einen kleinen Teil dieser Gelder verwenden, um die Qualität der Daten zu überprüfen?", schlägt Sandkühler vor. Immerhin müssten doch die Drittmittelgeber "ein Interesse daran haben, dass die von ihnen geförderten Projekte absolut lupenrein und ohne jeden Makel sind".
... oder international
Für Sandkühler wäre es aber auch vorstellbar, dass Zeitschriften wie "Nature" und "Science" aus eigenem Interesse eine solche "Anti-Doping-Agentur" einrichten. Aber auch mehrere Staaten "könnten sagen: Alle die auf unserem Territorium Forschung betreiben, tragen zum Renommee dieses Forschungsstandortes bei - dazu gehört, dass aus unserer Forschungsregion keine einzige manipulierte Publikation kommt."

Die Einrichtung einer solchen Institution müsste für den Neurophysiologen, der selbst bereits dreimal in "Science" publizierte - zuletzt 2006 über Schmerzverstärker im Rückenmark - "pro Futura" erfolgen. Man sollte einen Zeitpunkt festlegen, z. B. das Jahr 2010, ab dem jeder Forscher verpflichtet ist, "seine Daten so zu archivieren und aufzubereiten, dass man sie quasi auf Knopfdruck abrufen kann."
Wissenschaftler, "gläserner Mensch"
Einen Überwachsungsstaat in der Forschung würde Sandkühler nicht befürchten: "Wir haben ohnehin schon Kontrollen. Wir kriegen keinen Euro ohne nachzuweisen, was wir damit machen." Der Wissenschaftler sei ohnehin schon der "gläserner Mensch". Jeder könne sich etwa per Knopfdruck etwa über das Portal "PubMed" informieren, "was der Kollege in letzter Zeit so gemacht hat". Zudem arbeite man mit Steuergeldern.
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Das Thema "Integrität in Wissenschaft und Forschung" wird auch im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche (21. bis 23. August) diskutiert. Alan Colman, Direktor des Singapore Stem Cell Consortium, leitet den enstprechenden Areitskreis.
->   Europäisches Forum Alpbach 2008
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Ombundsmänner greifen spät ein
Von einer Existenz einer solchen Anti-Betrugs-Agentur in der Forschung ist Sandkühler noch nichts bekannt. "Es gibt in den einzelnen Unis Richtlinien für 'Good Scientific Practice'. Dann gibt es auch Ombudsmänner, die bei Verdacht einschreiten." Das greife aber erst, nachdem ein solcher ausgesprochen wurde.

Um einen Fall zu melden, müsse erst eine große Hürde genommen werden - häufig fehle der umfassende Einblick, um einen Verdacht wirklich äußern zu können. Das Zufällige am Laborbesuch, "was man dann auch nicht persönlich nehmen muss", sei damit besser als das Handeln auf Verdacht.
"Aalglatte Daten"
Auch wenn mit dem Wunsch, in den renommierten Fachzeitschriften wie "Science" und "Nature" zu publizieren, laut Jürgen Sandkühler scheinbar auch die Notwendigkeit größer ist, "aalglatte Daten zu liefern": Fälschungsskandale seien "kein Phänomen, was nur die Top-Zeitschriften betrifft".

Die Ursache für die gehäuften Betrugsentdeckungen in der jüngsten Vergangenheit "mag in erhöhter Aufmerksamkeit liegen, mag aber auch daran liegen, dass der Druck auf die Wissenschaftler - zumindest in einigen Ländern - sehr gewachsen ist". Das Thema "Integrität in Wissenschaft und Forschung" wird auch im Rahmen der Alpbacher Technologiegespräche (21. bis 23. August) diskutiert. Alan Colman, Direktor des Singapore Stem Cell Consortium wird den enstprechenden Areitskries leiten.

[science.ORF.at/APA, 20.8.08]
->   Jürgen Sandkühler
 
 
 
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01.01.2010