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"Nature" ortet "faule" Verhältnisse in Österreich  
  "Es scheint, etwas ist faul im Staate Österreich", schreibt die Fachzeitschrift "Nature" scharf im aktuellen Editorial. Anlass bietet "skandalöses Verhalten" rund um eine Harninkontinenzstudie an der Med-Uni Innsbruck.  
Österreichs "gravierendster Fall von wissenschaftlichem Fehlverhalten in jüngster Zeit" müsse anständig und offen behandelt werden, lautet der Appell an alle Beteiligten, darunter auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
->   Zum "Nature"-Editorial
Verurteilung der TILAK
Der Fall hatte aus mehreren Gründen das Interesse auf sich gezogen: Zum einen klagte ein Patient die Tiroler Landeskrankenanstalt (TILAK) auf Schadenersatz. Er sei an der Klinik mit einer experimentellen Methode der "nicht wissenschaftlich anerkannten Stammzellen-Therapie" gegen Harninkontinenz behandelt worden, ohne darüber ausreichend aufgeklärt worden zu sein.

Bei der Verhandlung am Bezirksgericht in Innsbruck erhob ein Vertreter der Ethikkommission schwere Vorwürfe gegen die Urologie in Innsbruck. Der Patient sei außerhalb einer von der Ethikkommission abgesegneten Studie behandelt worden. Die TILAK wurde nicht rechtskräftig verurteilt.
Massive Kritik in Prüfbericht
Einem Anfang August veröffentlichten Prüfbericht der Gesundheitsagentur AGES PharmMed hielt die Harninkontinenzstudie nicht stand: Sie sei nicht gemäß Arzneimittelgesetz durchgeführt worden, wurde vehemente Kritik bis hin zum Verdacht der Dokumentenfälschung laut.

Prüfarzt Hannes Strasser wurde von der Med-Uni aufgefordert, "die gegenständliche Publikation in den wissenschaftlichen Journalen 'Lancet' und 'World Journal of Urology' unverzüglich zurückzuziehen".
->   Massiver Fälschungsverdacht an Meduni Innsbruck
Zeichen, dass Untersuchungen "vereitelt" werden
Dieser Fall kann laut der Fachzeitschrift "Nature" als Beispiel gelten, bei dem es "beunruhigende Zeichen" gebe, dass Untersuchungen eines Skandals von nie dagewesener Tragweite "in diesem kleinen Land vereitelt werden".

So zeige der Bericht der AGES, über den ebenfalls in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift berichtet wird, dass die klinische Studie eigentlich als ungültig in Betracht gezogen werden müsste. "Nature" verweist u.a. auf die weiteren Patienten, die bereits für die "Stammzellen-Therapie" gegen Harninkontinenz bezahlt hätten, ohne dass ihnen der experimentelle Status bekanntgewesen sei.
Kritik an Urologie-Vorstand
Zudem müsse "grundsätzlich" ein Department-Leiter die Verantwortung für die Geschehnisse an seiner Einrichtung übernehmen - und vor allem für jede Publikation, bei der er Ko-Autor ist.

Damit richtet sich die "Nature"-Kritik gegen Urologie-Vorstand Bartsch, der - trotz "Ehren-Autorenschaft" bei den veröffentlichten Arbeiten - jegliche Verantwortung zurückweist.
ÖAW-Untersuchung auf Eis
Im Zusammenhang mit dem Fall spricht "Nature" auch die vom Universitätsrat angestrebte Abberufung des Rektors der Med-Uni Innsbruck, Clemens Sorg, an, der den Fall öffentlich gemacht und die ÖAW mit einer unabhängigen Untersuchung beauftragt hat.

Diese hat die ÖAW - vor dem Hintergrund des Abberufungsverfahrens gegen Sorg - mittlerweile auf Eis gelegt.
"Bärendienst" der ÖAW
Das Fachblatt kritisiert aber auch die ÖAW, die "sich selbst und der Gemeinschaft, die sie repräsentiert, einen unentschuldbaren Bärendienst" erweise, in dem sie nicht dazu beiträgt, einen "Skandal diesen Ausmaßes" aufzuklären.

Würde die Untersuchung fortgeführt, könnte die ÖAW besser ihre Unabhängigkeit in dem Fall unter Beweis stellen, nämlich unabhängig von der "beschämenden Affäre" rund um die mögliche Abwahl des Rektors.
Fehlverhalten muss geahndet werden
Zugleich verweist "Nature" auf das Fehlen einer Einrichtung in Österreich, die wissenschaftlichem Fehlverhalten auch "gesetzlich verantwortlich" nachgeht. Der Innsbrucker Fall möge den Prozess beschleunigen, eine solche Institution aufzubauen.

Der Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Christoph Kratky, hatte erst am Dienstag gegenüber der APA angekündigt, dass eine "Agentur für wissenschaftliche Integrität" noch im Herbst dieses Jahres starten soll.

[science.ORF.at/APA, 21.8.08]
->   Eine Anti-Betrugs-Agentur für die Forschung
 
 
 
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01.01.2010