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Bläschenfusion laut neuem Bericht geplatzt  
  2002 hat der Kernphysiker Rusi Taleyarkhan von der US-amerikanischen Purdue-Universität in Indiana Schlagzeilen gemacht. Er habe geschafft, was bisher nicht gelungen war: die Kalte Fusion. Ein neuer Bericht deckt nun aber Fehlverhalten bei seiner Forschung auf.  
Hoffnung auf Kalte Fusion
Taleyarkhans Experiment hatte einen einfachen Aufbau. Mithilfe von Schallwellen werden in einer Aceton Lösung kleine, mit Gas gefüllte Bläschen erzeugt. Beschießt man sie in diesem Zustand mit Neutronen, implodieren die Bläschen. Das Gas wird komprimiert und es kommt zu einer Kernfusion von Deuterium-Atomen, bei der große Energien freigesetzt werden. Um die Fusion nachzuweisen wird die Anzahl an Neutronen gemessen, die durch die Fusion freigesetzt werden.

Theoretisch könnte mit diesem Verfahren eine beinahe unendliche Menge an sauberem Strom produziert werden. Eine schöne Vision, könnte man das Experiment wiederholen. Daran scheiterten aber alle, die es in der Abwesenheit von Taleyarkhan versuchten. Dem Experiment wurde daher mit Skepsis begegnet. Was das Ende für die meisten Forscherkarrieren bedeutet, hinderte Taleyarkhan nicht daran weiter zu forschen, auch weil das Pentagon auf ihn aufmerksam wurde.
Geld für militärische Forschung
Taleyarkhan und einer seiner schärfsten Kritiker, Seth Putterman von der University of California in Los Angeles, wurden im März 2005 von der "Defense Advanced Research Projects Agency" (DARPA) beauftragt, das Fusions-Experiment zu wiederholen. Nachdem die Gruppe um Taleyarkhan 812.000 US-Dollar an US-amerikanischem Steuergeld für ihre Experimente gebraucht hatte, wurde die Öffentlichkeit unruhig.

"Nature" veröffentlichte einen Artikel, in dem sie die Praktiken des Physikers hinterfragten. Putterman, der das Geld der DARPA verwaltet hatte, warf Taleyarkhan vor nicht transparent gearbeitet zu haben.
->   Zum "Nature"-Artikel
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DARPA
Die "Defense Advanced Research Projects Agency" ist eine Behörde des US-Verteidigungsministeriums. Gegründet wurde sie als Reaktion auf den ersten sowjetischen Satelliten. Sie finanziert militärische Forschungsprojekte für die Streitkräfte der vereinigten Staaten.
->   DARPA
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Ergebnisse der Studie nicht reproduzierbar
Um die Position seiner Kritiker zu schwächen, veröffentlichte Taleyarkhan 2006 einen Artikel in den "Physical Review Letters", in dem er behauptete, dass seine Arbeit aus 2002 von unabhängigen Experten bestätigt wurde.

Wie sich später herausstellte war Taleyarkhan selbst an der Überprüfung seiner Arbeit beteiligt. Unabhängige Experten konnten seine Ergebnisse niemals bestätigen.
->   Zum Artikel in den "Physical Review Letters"
Beweise für Fehlverhalten
Nachdem die Forschung von Taleyarkhan bereits zweimal Gegenstand einer internen Untersuchung der Universität Purdue war, wurde vor einem Jahr erneut eine Kommission zur Aufklärung der Vorfälle eingesetzt.

Diese Kommission, die sich aus sechs Wissenschaftlern der Universität zusammensetzt, arbeitete in der letzten Untersuchung unter der Aufsicht des "Office of Naval Research"(ONR). Der nun veröffentlichte Bericht befindet Taleyarkhan in zwei Punkten für schuldig.
->   Untersuchungsbericht der Universität Purdue
Empörung an der Universität
Er soll einen Bericht von Forschern aus seinem eigenen Labor als unabhängige Überprüfung seiner Experimente deklariert haben. Außerdem habe er den Namen eines seiner Studenten als Autor angegeben, der nichts mit der Arbeit zu tun hatte. Dies sollte den Eindruck erwecken, glaubhafte Zeugen für sein Fusionsexperiment zu haben, so der Bericht.

Die Leitung der Universität Purdue reagierte empört:"Die Integrität unserer Forschung, ist ein wichtiges Anliegen unserer Universität" meinte der Leiter des Kommitees für interne Angelegenheiten, David J. Williams. Taleyarkhan hat nun 30 Tage Zeit, um das Urteil der Komission anzufechten.

Sebastian Schrottenbach, science.ORF.at, 23.8.08
->   Rusi Taleyarkhan - Universität Purdue
->   Office of Naval Research
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
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->   Kernfusion: Zwischen Hoffnung und Skepsis
 
 
 
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01.01.2010