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Ursache von seltener Darmerkrankung geklärt  
  Das Darmleiden Microvillus Inklusion Disease (MVID) ist äußerst selten. Ein Team unter Beteiligung Innsbrucker Mediziner hat nun die Ursache für die Krankheit in der Form von Genmutationen geklärt.  
Es sind in der wissenschaftlichen Literatur nur rund 50 Fälle beschrieben. Die Wahrscheinlichkeit eines Neugeborenen, die Veranlagung für MVID zu haben, dürfte bei eins zu 100.000 liegen.
Permanenter Durchfall
"Die Kinder haben von Geburt an unstillbaren Durchfall - ohne das Vorliegen einer Infektion oder Nahrungsmittelunverträglichkeit. Sie müssen meist lebenslang intravenös ernährt oder Darm-transplantiert werden", sagte Andreas Janecke von der Abteilung für Klinische Genetik der Meduni-Innsbruck.

Ein Innsbrucker Wissenschaftlerteam der Medizinischen Universität hat federführend, zusammen mit internationalen Co-Autoren über die Untersuchung der Erbanlagen von betroffenen Familien die Ursache von MVID gefunden.
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Die Studie "MYO5B mutations cause microvillus inclusion disease and disrupt epithelial cell polarity " ist am 24.8. in der Fachzeitschrift "Nature Genetics" vorab online veröffentlicht worden (doi:10.1038/ng.225).
->   Abstract der Studie
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Ausstülpungen im Darm fehlen
Janecke: "Die Krankheit betrifft die Epithelzellen des Darms, also jene Zellen, welche den Darm begrenzen. Sie haben normalerweise sogenannte fingerförmige Ausstülpungen, Mikrovilli (Bürstensaum), an ihrer Oberfläche. Das sind Ausstülpungen, welche die Oberfläche zur Resorption von Nahrungsbestandteilen vergrößern. Bei den Kindern mit der Krankheit sind sie entweder schon bei der Geburt nicht vorhanden oder gehen verloren."
Mangel an Protein MYO5B
Laut den Wissenschaftlern liegt das an verschiedenen Mutationen in dem Gen, das für das 1.850 Aminosäuren große Protein MYO5B kodiert. Der Innsbrucker Mediziner: "Die Betroffenen können dieses Eiweiß nicht bilden."

Die Folge davon ist das Fehlen der Mikrovilli, was der Organismus über den Verdauungstrakt an Flüssigkeit und Nährstoffen aufnehmen soll, passiert ganz schnell den Darm. Das führt zur Austrocknung bzw. zur Stoffwechselentgleisung, wenn keine intravenöse Ernährung erfolgt.
Pränataldiagnostik?
Janecke: "Jetzt könnte ein genetischer Test die Diagnose einfacher machen. Man könnte betroffene Familien beraten bzw. sogar eine Pränataldiagnostik durchführen. Theoretisch denkbar wäre natürlich auch, dass man eine normale Kopie des Gens in Darm-Stammzellen einbringt (Gentherapie, Anm.) Aber die Stammzellen des Darms sind derzeit noch schlecht definiert." Das ist also Zukunftsmusik.

Die Krankheit wird autosomal-rezessiv vererbt. Das bedeutet, dass für den Ausbruch der Erkrankung das Zusammentreffen von je einem mutierten Gen von Mutter und Vater notwendig ist. Träger von nur einer mutierten Genkopie erkranken nicht.

[science.ORF.at/APA, 25.8.08]
->   Meduni Innsbruck
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Darm
 
 
 
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01.01.2010