News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Mehr Ordnung in der Quantenwelt durch Unruhe  
  Weltweit wollen Physiker mehr Ordnung in die Welt der kleinsten Teilchen bringen, um die seltsamen Effekte der Quanten besser nutzen zu können. Innsbrucker Forscher haben nun neue Experimente beschrieben.  
Sebastian Diehl, Andrea Micheli und Peter Zoller von der Uni Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) wollen das sogenannte Vielteilchensysteme effektiver in Gleichklang bringen. Eine mögliche Anwendung wäre etwa der Quantencomputer.
...
Die Studie "Quantum states and phases in driven open quantum systems with cold atoms" ist am 7. September 2008 online in ""Nature Physics" erschienen (doi:10.1038/nphys1073).
->   "Nature Physics"
...
Ordnung nimmt durch Wärme ab ...
Die Theoretiker nutzen, wie Diehl gegenüber der APA erklärte, das Phänomen der Dissipation (deutsch: Zerstreuung), das üblicherweise eigentlich Unordnung erzeugt.

So kann Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt werden, praktisches Beispiel ist das Hände-Reiben an einem kalten Wintertag. Während die Bewegung der Hände gerichtet ist, ist die entstehende Wärme ungerichtet, die Ordnung nimmt ab.
... außer in der Quantenwelt
Wie so oft sind die Verhältnisse in der Quantenwelt anders, wenn nicht sogar den Beobachtungen des täglichen Lebens gegenläufig.

So setzen die Physiker die Dissipation ein, um die Ordnung zu erhöhen.
Atome in Falle locken
 
Bild: IQOQI

Dabei wird eine Gruppe von rund 10.000 Atomen - ein Vielteilchensystem - mittels Laserstrahlen wie in einer Falle eingeschlossen. Mit einem zweiten Laser werden die Teilchen - es können beispielsweise Rubidium- oder auch Caesium-Atome sein - soweit abgebremst und damit gekühlt, dass sie nahe dem absoluten Nullpunkt von rund 273 Grad Celsius in den Gleichschritt des Bose-Einstein-Kondensats (BEC) versetzt werden.

BEC ist ein eigener Zustand der Materie, in dem Teilchen gleichsam ihre Identität verlieren und wie ein einziges Objekt funktionieren.

Bild oben: Atome, die in einem optischen Gitter aus Laserstrahlen gefangen sind.
"Bad" im größeren System
Um diesen "perfekt reinen Vielteilchenzustand mit langreichweitiger Ordnung" auch wirklich kontrolliert herzustellen, kommt nun die Dissipation ins Spiel. Dabei sollen die rund 1.000 Atome in ein größeres System von Atomen eingebettet werden.

Die Forscher sprechen dabei von einem "Bad" im größeren System mit etwa fünf Millionen Atomen. Durch die Möglichkeit, an das größere System Energie abzugeben, würde sich die Ordnung im kleineren System erhöhen.
Gezielte Präparation
Das neue an dem vorgeschlagenen Verfahren ist, dass auch angeregte Vielteilchenzustände gezielt präpariert werden könnten.

Weitere potenzielle Anwendungen sehen die Forscher in der Herstellung von Zuständen, die in der Quanteninformationsverarbeitung und damit letztendlich für den Bau von Quantencomputern von Bedeutung sind.

[science.ORF.at/APA, 8.9.08]
->   Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI)
->   Das Stichwort "Quanten" im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010