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Studiengebühren im Parlament abgeschafft  
  Die Studiengebühren sind nach rund acht Jahren wieder abgeschafft. Mit der Mehrheit von SPÖ, Grünen und FPÖ wurden die Beiträge Mittwochnacht im Nationalrat für den Regelfall aufgehoben.  
Einzig österreichische Studenten, die mehr als zwei Toleranzsemester benötigen und zudem weder einer wenigstens geringfügigen Beschäftigung nachgehen noch krank sind oder Kinderbetreuungsverpflichtungen haben, müssen bezahlen.

Diesen Betrag von 363,36 Euro müssen sonst nur noch Ausländer aus Nicht-EU-Staaten leisten, für diese ist das eine Halbierung des bisherigen Beitrags. Die Einführung von Studiengebühren hatte die damals aus ÖVP und FPÖ bestehende Regierung am 19. September 2000 beschlossen.
Auch Zugangsbeschränkungen reduziert
Auch die Zugangsbeschränkungen an den Unis werden reduziert. Sie gelten nur noch in den drei Medizinstudien sowie bei der Psychologie. Die Möglichkeit, bei entsprechendem Studentenzustrom Zugangsbeschränkungen zu verhängen, fällt somit in den Fächern Publizistik, Betriebswirtschaftslehre (BWL), Biologie und Pharmazie.

Gleichzeitig sollen die Unis mehr finanzielle Mittel erhalten, um ein größeres Studienplatzangebot vor allem in den Medizin-Studien anbieten zu können.

Begleitet wurde der Beschluss von einem lauten Jubelkonzert von der Besuchergalerie und großem Beifall von den Fraktionen von SPÖ, Grünen und FPÖ.
ÖVP: Volksabstimmung über Studiengebühren
Die ÖVP hingegen lief Sturm gegen die Abschaffung der Studiengebühren. Wissenschaftssprecherin Beatrix Karl war im höchsten Maß empört über die Beschlüsse. Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik verabschiede sich eine Mehrheit im Nationalrat nachweislich von der Hochschulpolitik und von der Zukunft der jungen Menschen.

Dass durch den Mittelverlust für die Unis eine unhaltbare Situation für die Hochschulen entstünde, bestätigten nicht nur die Rektoren sondern auch alle Experten. Karls Antrag auf Abhaltung einer Volksabstimmung zu den Studiengebühren erntete keine Zustimmung sondern Spott vor allem seitens der FPÖ.
"Nicht geglückte intellektuelle Aktion"
Harte Worte fand auch Wissenschaftsminister Hahn (ÖVP), der den gemeinsamen Beschluss von SPÖ, Grünen und FPÖ zuerst als "Schwachsinn" und dann sich selbst korrigierend als eine "nicht geglückte intellektuelle Aktion" bezeichnete.

Immerhin hätte sich durch die Einführung der Studiengebühren die durchschnittliche Mindeststudiendauer von 14 auf zwölf Semester reduziert und nicht prüfungsaktive Studenten hätten exmatrikuliert.
Kinder reicher Eltern ins Ausland?
Hahn sah die Qualität der heimischen Hochschulausbildung gefährdet und befürchtete, dass betuchtere Eltern ihre Kinder künftig im Ausland studieren lassen werden. Dort werde nämlich die Qualität sehr viel besser sein.

Der BZÖ-Abgeordnete Gernot Darmann bezeichnete die Abschaffung der Studiengebühren als "soziale Lenkungsmaßnahme", der man mit Sicherheit nicht zustimme.
Broukal: "Sehr zufrieden"
Ganz anders war die Stimmung bei Josef Broukal, dem Wissenschaftssprecher der SPÖ: "Ich gehe mit einem sehr zufriedenen Gefühl nach Hause". Für Broukal war es der letzte Auftritt im Parlament. Er kandidiert nicht mehr für den Nationalrat.

Eine bessere finanzielle Ausstattung der Universitäten will der Grüne Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald. Er forderte eine Erhöhung der Budgetmittel auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Die Abschaffung der Gebühren begründete er unter anderem damit, dass man breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zum Studium ermöglichen wolle.
ÖH unterstützt Abschaffung
Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) unterstützt die Gesetzesänderung mit Abschaffung der Studiengebühren und Aufhebung der Zugangsbeschränkungen in vielen Fächern "ohne Vorbehalt".

Einige Punkte seien aber juristisch unklar, weshalb die Studentenvertreter "Probleme in der Umsetzung" befürchten, so ÖH-Vorsitzender Samir Al-Mobayyed (AktionsGemeinschaft) am Mittwoch noch vor Beschluss in einer Aussendung. Er fordert SPÖ, FPÖ und Grüne auf, die notwendigen Korrekturen vorzunehmen.
Ungeklärte Situation an Fachhochschulen
Nach Ansicht der ÖH ist bei berufstätigen Studierenden der geplante Ersatz des Einnahmeentfalls der Studiengebühren für Unis nicht mit rechtlicher Sicherheit gewährleistet. Auch bei der geplanten Befreiung von Konventionsflüchtlingen von Studiengebühren gebe es rechtliche Bedenken, welche die ÖH mit dem UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR teilt.

Den Entschließungsantrag der drei Parteien zur Abschaffung der Studiengebühren für Fachhochschulstudenten hält die ÖH für "nicht mehr als Augenauswischerei", nach der Wahl werde sich keiner mehr daran erinnern wollen. Die Studiengebühren müssten für alle Studenten abgeschafft werden.

[science.ORF.at/APA, 25.9.08]
->   Mehr über die Beschlüsse im Nationalrat in ORF.at
->   Gesammelte Berichte zur Nationalratswahl 2008 in oe1.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010