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Forscher untersuchen Moleküle im "Tiefschlaf"  
  Innsbrucker Forscher untersuchen derzeit stabile Moleküle im Grundzustand, also gleichsam im "Tiefschlaf" ohne das sonst übliche lästige Vibrieren oder Rotieren. Dadurch werden grundlegende Eigenschaften sichtbar.  
Die Experimente von einem Team rund um Johannes Denschlag und Rudolf Grimm vom Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck zeigen, wie sich Rubidium-Atome und -Moleküle etwa in Bezug auf chemische Bindungen verhalten.
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Die Studie "Ultracold Triplet Molecules in the Rovibrational Ground State" von F. Lang et al. ist in den "Physical Review Letters" (Bd.101, 25.September) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie
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Messungen waren bisher schwierig
Schon seit einigen Jahren nutzen Wissenschaftler weltweit den von Albert Einstein und Nath Bose 1924 vorhergesagten exotischen Materiezustand "Bose-Einstein-Kondensat" (BEC), um grundlegende Eigenschaften der Materie zu erforschen.

"Anfangs gelang das mit Atomen, später auch mit Molekülen", erklärte Denschlag. Bis jetzt standen nur äußerst fragile Moleküle für Experimente mit ultrakalten Quantengasen zur Verfügung. Damit waren weitere Experimente und Messungen schwierig, da die Teilchen sehr leicht zerfielen.
Moleküle in "Tiefschlaf" versetzt
Ausgangspunkt für die neuen Experimente ist ein BEC aus Rubidium-Atomen bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt von minus 273,15 Grad Celsius. Über dieses Kondensat wird mit Lasern ein dreidimensionales, optisches Gitter gelegt, wobei an jedem Gitterplatz zwei Atome zu liegen kommen. Mit Hilfe eines kontrollierten Laserimpulses werden diese Atome dann in ein sehr schwach gebundenes Molekül überführt.

Durch einen weiteren Laserpuls werden diese Moleküle dann quasi in den Tiefschlaf versetzt, von den Wissenschaftlern "tiefgebundener Triplett-Grundzustand" genannt. Anschließend stehen sie für weitere Experimente zur Verfügung, so der Physiker.
Stabile Teilchen lassen sich gut untersuchen
Im Grundzustand besitzen die Teilchen die niedrigst mögliche Vibrations- und Rotationsenergie und sind deshalb besonders stabil. "Wir nähern uns mit diesem Experiment jenem Bereich, in dem wir mehrere Moleküle sehr kontrolliert miteinander reagieren lassen können, ohne dass sie sofort zerfallen", so Denschlag.

So könnten in Zukunft chemische Reaktionen von komplexen Molekülen in bisher ungekannter Präzision studiert und gesteuert werden. Weitere mögliche Anwendungen ultrakalter Grundzustandsmoleküle liegen in Präzisionsmessungen und beim Bau von Quantencomputern sowie in der Beschreibung völlig neuer Materiezustände.

[science.ORF.at/APA, 26.9.08]
->   Bose-Einstein-Kondensat (Wikipedia)
->   Johannes Denschlag
->   Rudolf Grimm
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Bose-Einstein-Kondensat aus Molekülen (11.7.08)
->   Physiker wollen Bose-Einstein-Kondensat filmen (26.3.07)
->   Wittgenstein-Preise 2005 an Grimm und Dickson (8.7.05)
 
 
 
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01.01.2010