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Medizinnobelpreis für Entdeckung von HI-Virus und Krebserreger  
  Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an den deutschen Krebsforscher Harald zur Hausen sowie an die französischen Aids-Forscher Francoise Barre-Sinoussi und Luc Montagnier.  
Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie am Montag in Stockholm mit.

Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist in diesem Jahr mit umgerechnet einer Million Euro (zehn Millionen Schwedischen Kronen) dotiert und wird am 10. Dezember, dem Todestag des 1896 gestorbenen Preisstifters, Alfred Nobel, verliehen.
Zur Hausen: Gegen ein Forschungsdogma
Zur Hausen erhält die Ehrung für die Entdeckung der Papilloma-Viren, die Gebärmutterhalskrebs auslösen. Das hat inzwischen zu einem Impfstoff gegen diesen Tumor geführt.

Zur Hausen habe sich mit seiner Idee, dass Viren den Krebs auslösen können, gegen das bis dahin geltende - anderslautende - Dogma gewandt, begründete die Nobelstiftung ihre Wahl. Gebärmutterhalskrebs ist weltweit der zweithäufigste Krebs bei Frauen.
Montagnier: Sieger im Streit um HIV-Entdeckung
Die beiden französischen Forscher Barre-Sinoussi und Montagnier teilen sich die andere Hälfte des Preises. Sie werden für die Entdeckung des Aids-Erregers HIV geehrt.

Der US-Virologe Robert Gallo, der sich lange mit Montagnier um die HIV-Erstentdeckung gestritten hatte, geht leer aus.
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Montagnier und Barre-Sinoussi
Der Virologe Montagnier wurde 1932 in Frankreich geboren und ist derzeit Direktor der World Foundation for Aids Research and Prevention. Die 1947 ebenfalls in Frankreich geborene Virologin Barre-Sinoussi ist Direktorin am Institut Pasteuer in Paris.
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HI-Virus 1983 isoliert
Bild: L. Dolega/Scanpix
Luc Montagnier
Barre-Sinoussi und Montagnier hatten die HI-Viren im Jahr 1983 in Lymphozyten von Patienten mit angeschwollenen Lymphknoten entdeckt, die an einer Frühform der Immunschwäche erkrankt waren, sowie im Blut von Patienten in einem fortgeschrittenen Stadium.

Die Nobelpreis-Akademie schreibt in ihrer Begründung, dass die Arbeit der beiden Forscher eine Voraussetzung gewesen sei, um das HIV-Genom zu klonen und eine antiretrovirale Behandlung zu entwickeln.

"Dies ermöglichte es, wichtige Details im Reproduktionzyklus des Virus zu klären, auch wie er mit seinem Wirten interagiert. Darüber hinaus führte es zur Entwicklung von Methoden, um infizierte Patienten zu diagnostizieren und Blut zu untersuchen."
Einzigartige medizinische Leistung
Bild: L. Dolega/Scanpix
Francoise Barre-Sinoussi
Kurz nach der Entdeckung des HI-Virus hätten mehrere Gruppen zur "definitiven Beweisführung" von HIV als Ursache der Immunschwächekrankheit Aids (Acquired Immune Deficiency Syndrome) beigetragen.

Niemals zuvor habe "die Wissenschaft und Medizin so schnell den Ursprung für eine Krankheit" entdeckt - vor 27 Jahren wurde Aids erstmals beschrieben und vor 25 Jahren der Typ HIV-1 entdeckt - sowie Behandlungsmöglichkeiten bereitgestellt.

"Die erfolgreiche antiretrovirale Therapie steigert die Lebenserwartungen von mit HIV infizierten Personen, die ähnlich jener von nichtinfizierten Personen ist", so das Nobelpreiskomitee.

1981 wurde Aids erstmals beschrieben (2.6.06)
Impfstoffe gegen Gebärmutterhalskrebs
Bild: M. Holm/Scanpix
Harald zur Hausen
Der 72-jährige zur Hausen entdeckte Mitte der 1980er Jahre, dass Human-Papilloma-Viren (HPV) Gebärmutterhalskrebs verursachen können. "Mehr als fünf Prozent aller weltweiten Krebsarten werden durch die anhaltende Infektion mit dem Virus ausgelöst", schreibt das Komitee.

Papilloma-Viren würden am häufigsten beim Geschlechtsverkehr übertragen, laut dem Nobelpreiskomitee seien 50 bis 80 Prozent der Bevölkerung davon betroffen.

Der deutsche Tumorforscher habe neue Eigenschaften von HPV gezeigt, was zu einem besseren Verständnis der Krebsentstehung durch Papilloma-Viren geführt habe. Der Forscher habe die Hochrisikotypen HPV 16 und HPV 18 für die Forschung zugänglich gemacht. Daraufhin seien Impfstoffe entwickelt worden.

Gebärmutterhalskrebs: Impfung schützt zu 98 % (10.5.07)
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Zur Hausen
Zur Hausen wurde am 11. März 1936 in Gelsenkirchen geboren. Er arbeitete nach seiner Habilitation 1960 u. a. am Institut für Mikrobiologie der Düsseldorfer Universität und am virologischen Institut der Kinderklinik in Philadelphia (US-Staat Pennsylvania). Von 1983 bis zu seiner Emeritierung im März 2003 war er Vorsitzender des Stiftungsvorstands des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg.
->   Harald zur Hausen (Wikipedia)
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Zur Hausen: "Schon mal dran gedacht"
Auf die Zuerkennung des Nobelpreises stieß zur Hausen am Montag mit Sekt an: "Gerade haben mir meine Mitarbeiter hier aus dem unmittelbaren Umfeld ein Gläschen Sekt gebracht. Ich bin gar nicht darauf vorbereitet heute, aber es ist natürlich ein schöner Anlass", sagte zur Hausen gegenüber der dpa. Über den Preis sei er sehr glücklich.

"Ich freue mich ganz unbändig darüber, das ist sicher wahr. Ich freue mich natürlich auch für meine Mitarbeiter, die ja alle in einem sehr großen Umfang mit dazu beigetragen haben." Gerechnet habe er mit der schönen Überraschung nicht. "Ich habe natürlich schon mal gelegentlich dran gedacht, weil ich wusste, dass ich öfter schon vorgeschlagen war. Aber erwartet hab ich's nicht."
2007: Stammzellforschung und Knock-out-Mäuse
Im Vorjahr ging der Medizinnobelpreis an die beiden Amerikaner Mario Capecchi und Oliver Smithies sowie an den Briten Martin Evans für grundlegende Arbeiten in der Stammzellforschung.

Sie erhielten die Auszeichnung für ihre Technik, in Versuchsmäusen gezielt Gene auszuschalten ("Knock-out-Mäuse"), um deren Funktion zu untersuchen.

[science.ORF.at/APA/dpa, 6.10.08]
->   Die Nobelpreisträger 2008
->   Luc Montagnier (Who is Who)
->   Francoise Barre-Sinoussi (franz. Wikipedia)
Die Preisträger der vergangenen Jahre:
->   2007: Stammzellen und Knock-Out-Mäuse
->   2006: Entdeckung der RNA-Interferenz
->   2005: Entdeckung von Magenkeim
 
 
 
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01.01.2010