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Physiknobelpreis 2008 an drei Teilchenforscher  
  Der Physiknobelpreis 2008 geht an Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa aus Japan sowie Yoichiro Nambu aus den USA. Sie erhalten die Ehrung für wichtige Entdeckungen in der Teilchenphysik, die das Verständnis über die Materie entscheidend verbesserten.  
Die Auszeichnung ist auch heuer wieder mit umgerechnet rund einer Million Euro dotiert und wird am 10. Dezember, dem Todestag des 1896 gestorbenen Preisstifters Alfred Nobel, verliehen.
Spontane Symmetriebrechungen und Quarks
Bild: Scanpix
Yoichiro Nambu
Nambu vom Enrico-Fermi-Institut der Universität Chicago bekommt die Auszeichnung laut dem Nobelkomitee für die "Entdeckung der Mechanismen der spontan gebrochenen Symmetrie in subatomarer Physik".

Kobayashi von der High Energy Accelerator Research Organization (KEK) im japanischen Tsukuba und
Maskawa von der Universität in Kyoto werden ausgezeichnet für die "Entdeckung des Ursprungs der gebrochenen Symmetrie, die die Existenz von mindestens drei Familien von Quarks in der Natur vorhersagt".
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Yoichiro Nambu
Nambu kam 1921 im japanischen Fukui zur Welt, studierte an der Universität Tokio und promovierte dort 1952. Er lehrte Physik an der Universität Osaka, bevor er einem Ruf der Universität Chicago in die USA folgte. Dort ist er noch heute als emeritierter Professor aktiv.
->   Yoichiro Nambu, University of Chicago, USA
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Theoretische Physik, die später praktisch wurde
Bild: Universitaet Kyoto
Toshihide Maskawa
Schon 1960 habe Yoichiro Nambu die mathematische Beschreibung der spontanen gebrochenen Symmetrie in der elementaren Teilchenphysik geliefert, schreibt das Nobelkomitee in der Begründung seiner Entscheidung. Seine Theorien seien wichtige Bestandteile des Standardmodells der Teilchenphysik, das - bisher - immerhin drei der vier Naturkräfte vereinen könne.

Die spontan gebrochenen Symmetrien, die Nambu untersuchte, unterschieden sich von den Symmetriebrechungen, die im Mittelpunkt der Arbeit von Kobayashi und Maskawa stehen, schreibt die Königlich-Schwedische Akademie.

Ihrer Arbeit aus den frühen 1970er Jahren zufolge musste das Standardmodell auf drei Quark-Familien erweitert werden. Diese theoretisch vorhergesagten Elementarteilchen wurden 2001 von Teilchenbeschleunigern in den USA und Japan experimentell nachgewiesen.
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Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa
Wie sein Mit-Nobelpreisträger Maskawa ist auch Kobayashi seinem Heimatland ein Leben lang forschend treu geblieben. Ebenso wie dieser studierte er an der Universität Nagoya, wo er 1972 seinen Doktor machte. Später folgte Kobayashi seinem Kollegen zudem an die Universität der alten Kaiserstadt Kyoto, wo er als Assistent arbeitete und gemeinsam mit Kobayashi forschte. 1979 wechselte er zum Teilchenbeschleuniger KEK, dessen Direktor er auch zeitweise war. Maskawa lehrt seit 2003 als emeritierter Professor an der Kyoto-Sangyo-Universität.
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Gebrochene Symmetrien von Anfang an
Bild: Kyodo/Reuters
Makoto Kobayashi
Gebrochene Symmetrien bestimmen unser Universum von Anbeginn an. Nach dem Urknall, als Materie und Antimaterie geschaffen wurden, hätten sich diese eigentlich gegenseitig auslöschen müssen.

Haben sie aber nicht, die Materie hat "gewonnen", die gebrochene Symmetrie von Materie und Antimaterie ermöglichte erst die Expansion des Universums.

Nicht nur die nun mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Physiker haben in den vergangenen Jahrzehnten eine Art Bauplan für das Universum zusammengetragen. Es trägt den Namen "Standardmodell" und enthält eine Reihe zum Teil bizarrer Exemplare im "Teilchenzoo".
Elektronen, Quarks und Neutrinos
Sämtliche Atome der uns vertrauten Materie bestehen aus nur drei verschiedenen Elementarteilchen: zwei Quarks und dem Elektron. Die beiden "Up"- und "Down"-Quarks sind die Grundbausteine aller Atomkerne. Um den Atomkern herum schwebt eine Wolke aus Elektronen.

Als viertes Mitglied dieser Teilchenfamilie zählen die Physiker das flüchtige Neutrino, das bindungslos durch das gesamte Universum geistert - fast ohne jemals irgendwo hängen zu bleiben. Es ist kein Bestandteil der Atome.
Zwölf Elementarteilchen
Im Baukasten der Welt finden sich neben der uns vertrauten Materie noch zwei weitere Teilchenfamilien, aus denen jedoch keine beständige Materie bekannt ist, weil diese schnell zerfällt: Das "Charm"- und das "Strange"-Quark bilden mit dem Myon und ebenfalls einem zugehörigen Neutrino eine Familie.

Nach Vorhersage der diesjährigen Nobelpreisträger musste es ein drittes Quark-Paar geben: 1977 wurde das "Bottom"- und 1994 schließlich das "Top"-Quark entdeckt. Zu ihrer Familie zählen auch das Tauon und ein passendes Neutrino.

Jedes dieser zwölf Elementarteilchen besitzt im Standardmodell noch ein Antiteilchen, das die entgegengesetzte elektrische Ladung trägt. Treffen sich ein Teilchen und sein Antiteilchen, zerstrahlen sie zu reiner Energie.
->   DESY-Lexikon zur Teilchenphysik
Suche nach dem Higgsteilchen
Das gegenwärtige Weltbild der Physiker hat allerdings einen gewichtigen Schönheitsfehler: Im Standardmodell haben die Teilchen keine Masse. Ohne Masse wären jedoch alle Partikel schnell wie das Licht, es gäbe keine Zusammenballungen, keine Atome, keine Sterne, Planeten oder Menschen.

Um dieses Dilemma zu lösen, ersannen der britische Physiker Peter Higgs und Kollegen einen Mechanismus, der den Teilchen ihre Masse verleihen soll: Das Universum ist demnach erfüllt von einer Art Sirup, der unterschiedlich stark an den Elementarteilchen klebt und sie somit bremst.
Bisher konnte dieses Higgsteilchen freilich experimentell nicht nachgewiesen werden. Dem - derzeit in Reperatur befindlichen - neuen Teilchenbeschleuniger am CERN in Genf könnte das gelingen, hoffen Forscher.

[science.ORF.at/APA/dpa, 7.10.08]
->   Nobelpreis
->   Makoto Kobayashi, High Energy Accelerator Research Organization (KEK)
->   Toshihide Maskawa, Yukawa Institute for Theoretical Physics
Die Preisträger der vergangenen Jahre:
->   2007: Quanteneffekt bei Festplattentechnik
->   2006: Forschungen zum "Urknall-Echo"
->   2005: Quantenoptische Forschungen
 
 
 
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01.01.2010