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Nano-Klebstoff hält besser als ein Geckofuß  
  Ein neuartiger Superkleber übertrifft selbst die enormen Hafteigenschaften von Geckofüßen. Der auf Kohlenstoff-Nanoröhren basierende Klebstoff besitzt eine Haftkraft von 100 Newton pro Quadratzentimeter - zehnmal so viel wie bei einem Geckofuß.  
Da der Kleber zudem einfach von der Oberfläche abzulösen und ohne Verlust der Klebrigkeit wieder verwendbar sei, sehen die Forscher vom Georgia Institute of Technology und dem Air Force Research Laboratory eine Vielzahl technischer Anwendungen etwa bei Elektronikgeräten.
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Die Studie "Carbon Nanotube Arrays with Strong Shear Binding-On and Easy Normal Lifting-Off" von Zhong Lin Wang und Kollegen ist am 9. Oktober 2008 in "Science" erschienen (Bd. 322, S. 238, DOI:10.1126/science.1159503).
->   Zur Studie
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Höchstleistungen durch molekulare Kräfte
Die Kletterkünste der Geckos sind legendär: Beim senkrechten Klettern in die Höhe legen sie in nur einer Sekunde 15 Mal die Länge ihres eigenen Körpers zurück. Dabei können sie ohne Probleme 30 Stufen überwinden. Auch Spaziergänge unter der Decke sind für die Tiere eine Kleinigkeit.

Für die akrobatischen Höchstleistungen werden vor allem ihre Zehen verantwortlich gemacht. Geckos tragen an der Unterseite ihrer Füße Millionen feiner Haare, deren Spitzen sich in jeweils mehr als 1.000 Enden aufspalten. Diese Enden sind so winzig, dass sie sich eine schwache Anziehungskraft zwischen Molekülen zu Nutze machen können: die so genannte Van-der-Waals-Kraft.

Die besondere Anordnung der Härchen erlaubt es den Tieren, ihre Zehen in weniger als 0,00125 Sekunden auf einen glatten Untergrund zu heften - und in der Hälfte dieser Zeit wieder abzulösen.
->   Atomare Kraft lässt Geckos an der Wand haften
Erfolgreichste Nachbildung
 
Bild: Liangti Qu

Die Forscher um Zhong Lin Wang imitierten nun bei ihrem Nanokleber diesen Aufbau der Geckofüße. Mit dieser Idee sind sie zwar nicht die ersten, sie erzielten mit ihrem Material aber das bisher beste Ergebnis: Die Haftkräfte übertrafen jene des Geckofußes um das Zehnfache und waren dreimal stärker als bereits bekannte Entwicklungen.

Das Material besteht aus einer regelmäßigen senkrechten Anordnung winziger Kohlenstoff-Nanoröhrchen. An den Enden der Nanoröhren befinden sich zahlreiche weitere, jedoch gewellte und miteinander verschlungene Nanoröhrchen (siehe Bild oben).
Klebkraft steigt bei Scherkräften enorm an
Bild: Science
Genau wie bei einem Geckofuß hat diese Anordnung zur Folge, dass die Klebkraft in der Richtung auftretender Scherkräfte enorm steigt. Scherkräfte wirken in Form der Schwerkraft zum Beispiel dann auf die Geckofüße, wenn die Tiere senkrecht eine Wand hinauflaufen.

Zur Demonstration der Klebkraft hängten die Forscher sowohl eine volle Flasche Coca Cola als auch einen Metallring an einem nur vier Quadratmillimeter großen Stückchen des Klebers auf.

Ebenfalls wie beim Gecko ließ sich der Kleber entgegen der Schwerkraftrichtung problemlos von der Oberfläche ablösen.

Die Forscher testeten das neue Material auf verschiedenen Oberflächen, von Glas über Kunststoff, Teflon und sogar auf rauem Sandpapier - überall und auch bei mehrmaligem Gebrauch bewiesen die Nanoröhrchen ihre Haftfähigkeit.
Anwendung in Elektronik und Weltraum
Auch wenn der "Superkleber" Spiderman-Assoziationen aufkommen lässt, wären die konkreten Anwendungen wohl weit weniger spektakulär. Nachdem Nanokohlenstoffröhrchen sowohl Hitze als auch Strom leiten können, seien sie besonders für die Elektronik interessant: Teile könnten einfach mit Hilfe des neuen Materials zusammengefügt und müssten nicht mehr wie bisher gelötet werden, beschreiben die Forscher in einer Aussendung des Georgia Institute of Technology.

Als zweites mögliches Einsatzgebiet sehen sie Produkte für die Raumfahrt: Unter vakuumähnlichen Umständen hatte man bisher das Problem, dass jede Art von Klebstoff austrocknet und brüchig wird. Die Nanoröhrchen würden davon hingegen unbeeinflusst bleiben.

[science.ORF.at/APA/dpa, 10.10.08]
->   Zhong Lin Wang
Mehr über die Haftkräfte des Gecko in science.ORF.at:
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->   Forscher: "Spiderman"-Anzug aus Nano-Röhrchen
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01.01.2010