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Einer von sieben Männern von Glatze "bedroht"  
  Molekularbiologen ist es gelungen, einen weiteren Risikofaktor im Erbgut des Mannes ausfindig zu machen, der zur gefürchteten Glatzenbildung führen kann. Das auf Chromosom 20 liegende Gen wird vom Vater zum Sohn weitergegeben, heißt es in zwei zeitgleich erscheinenden Studien.  
Die Forscher sehen ihre Arbeiten als Ergänzung zu früheren Untersuchungen, wonach eine von der Mutter weitergegebene Erbanlage schuld ist, wenn ihren Söhnen im mittleren Alter die Haare ausgehen.

Einer von sieben Männern weise beide Risikofaktoren auf und sehe damit einer potenziell haarlosen Zukunft entgegen, so die Wissenschaftler.
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Die Studien zur Bedeutung des Chromosoms 20 bei Glatzenbildung sind online am 12. Oktober 2008 in "Nature Genetics" erschienen (doi:10.1038/ng.228; doi:10.1038/ng.255).
->   Nature Genetics
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Geschäft mit der drohenden Glatze
Rund ein Drittel der weißen Männer muss sich damit abfinden, dass sich die Haarpracht zu lichten beginnt, bis ihnen die bloße Kopfhaut - meist umringt von einem Haarkranz oberhalb der Ohren und am Hinterkopf - aus dem Spiegel entgegen lacht.

Die wahrscheinlich einzigen, die sich über diesen unerbittlichen Vorgang freuen, sind die Hersteller von diversen Schönheitsmittelchen und -kuren: In den USA wurden laut einer Aussendung der an den neuen Studien beteiligten Forscher 2007 bereits mehr als 115 Millionen Dollar für Haartransplantationen ausgegeben, weltweit werden die Einnahmen durch "medizinische Therapien" gegen Glatzenbildung mit 405 Millionen Dollar beziffert.
Mutter "schuld" an Glatze des Sohnes
Angesichts dieser Zahlen und der tiefen Sorgenfalten, die durchblitzende Kopfhaut vielen Männern bereitet, ist es kein Wunder, dass sich auch die Forschung für den Haarausfall interessiert und bereits seit mehreren Jahren nach genetischen Risikofaktoren sucht.

2005 wurden Forscher vom Life & Brain Zentrum des Universitätsklinikums Bonn erstmals fündig und identifizierten eine bestimmte Veränderung an der Bauanleitung für einen Hormon-Rezeptor als Risikofaktor. Das besondere an dieser genetischen Disposition: Sie wird durch das X-Chromosom weitergegeben, in diesem Fall trägt also die Mutter die "Schuld" an der Glatzenbildung des Sohnes.
->   Frühe Glatze wird über die Mutter vererbt
Erneut fündig geworden
Dieselben Wissenschaftler wurden nun erneut und zeitgleich mit ihren Kollegen vom King's College in London sowie der McGill University in Montreal (Kanada) fündig:

Mehr als 500.000 Stellen im Genom von rund 1.500 Männern mit Haarausfall wurden untersucht und mit jenen von Männern ohne Glatzenbildung verglichen.
Auch der Vater kann Glatze vererben
Es kristallisierte sich ein Gen auf Chromosom 20 als Risikofaktor heraus, schreiben die Teams übereinstimmend. Dieses Gen wird über das Y-Chromosom weitergegeben, das heißt, vom Vater an den Sohn.

Mit den zwei Risikofaktoren können die Wissenschaftler nun beide Varianten erklären: Dass sowohl ein Großvater mütterlicherseits mit Glatze als auch ein Vater mit lichtem Haarwuchs die Chance des männlichen Nachwuchses deutlich erhöhen, auch selbst einmal besorgt vor dem Spiegel zu stehen.
"Alarmierende" Zustände?
Für die Forscher ist das Thema mit der Entdeckung der zweiten genetischen Disposition aber noch bei weitem nicht abgeschlossen: "Wir haben einen Grund entdeckt, die Behandlung von männlicher Glatzenbildung erfordert aber noch mehr Forschung", zeigt sich Brent Richards von der McGill University überzeugt.

Des Interesses zumindest in der westlichen Welt ist er sich sicher: Dort sehen laut Kalkulation der Forscher immerhin jeder siebte, also 14 Prozent der weißen männlichen Bevölkerung einer genetisch bedingten, "glatzerten" Zukunft entgegen - "alarmierende Zustände", wie zumindest Richards befindet.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 13.10.08
->   Life & Brain Zentrum, Bonn
->   Brent Richards
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01.01.2010