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Studiengebühren: Streit über abschreckenden Effekt  
  In Deutschland wird um die Interpretation einer Untersuchung zu Studiengebühren gestritten. Im Zentrum steht die Frage, ob sie Maturanten vom Beginn eines Studiums abhalten.  
Die Autoren einer vom deutschen Bundesbildungsministerium unter Verschluss gehaltenen Untersuchung haben mittlerweile bestätigt, dass vom Maturajahrgang 2006 zwischen 6.000 und 18.000 junge Menschen allein wegen der Gebühren auf ein Studium verzichten.
Bis zu 4,5 Prozent zeigen sich betroffen
2006 hatten in Deutschland 415.000 junge Menschen die Hochschulreife erworben. Als erste Bundesländer hatten damals Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Studiengebühren eingeführt.

In der Studie, die der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt, heißt es wörtlich: "Durch die Einführung von Studiengebühren verzichtet eine nennenswerte Zahl von Studienberechtigten auf das ursprünglich beabsichtigte Studium."

Bei der Abiturientenbefragung hätten knapp vier Prozent angegeben, "dass ursprünglich gewünschte Studium nicht aufzunehmen, da sie sich Studiengebühren nicht leisten können". Ein Prozent sei sich unsicher. Der Anteil der Studenten, die auf ein Studium verzichten, liege somit "zwischen mindestens 1,5 Prozent und maximal 4,5 Prozent".
Gilt vor allem für "hochschulferne Elternhäusern"
"Überdurchschnittlich ausgeprägt ist der Studienverzicht bei Frauen und Kindern aus hochschulfernen Elternhäusern", heißt es auch in der am Dienstagabend verbreiteten Erklärung des Hochschul-Informations-Systems (HIS) in Hannover, das die Studie im Auftrag des Bundesbildungsministeriums erstellt hat.

Doch die im Vergleich zur gesamten Maturantenzahl relativ geringen Prozentwerte lassen für Studienbefürworter auch eine andere Leseart zu.

Auch in der Erklärung des Instituts hieß es nun, dass "abschreckende Effekte von Studiengebühren geringer als vielfach erwartet" seien.
->   HIS zu der Studie
Eine von vielen Ursachen für Studienwahl
"Die Ergebnisse der repräsentativen Untersuchung, bei der rund 5.240 Studienberechtigte befragt wurden, zeigen, dass das Gros der Studienberechtigten sich in ihren Studienplänen nicht von Studiengebühren beeinflussen lässt."

Studiengebühren seien nach der Studie nur eine von vielen Ursachen, sich gegen ein Studium zu entscheiden.

So würde beispielsweise der Wunsch, "möglichst bald selbst Geld zu verdienen" oder das Interesse für eine praktische Tätigkeit wesentlich häufiger genannt.
Senkung der Gebühren?
Das deutsche Bildungsministerium will die Studie erst in vier Wochen zusammen mit einer neuen Studienanfängerbefragung aus dem Jahr 2007 veröffentlichen.

Die deutsche Bildungsministerin und Befürworterin der Studiengebühren Annette Schavan (CDU) fing sich dafür Kritik vonseiten der SPD und Grünen ein, die eine Offenlegung der Untersuchung forderten.

Laut der Süddeutschen Zeitung (Mittwoch-Ausgabe) erwägt die CSU bereits eine Senkung der Studiengebühren, "maximale Höhe sollen nicht mehr 500 Euro, sondern 350 Euro sein".
Oft 500 Euro pro Semester
Als erste Bundesländer verlangten im Jahr 2006 hatten Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Studiengebühren, es folgten Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Saarland und Hessen, wo sie mittlerweile aber wieder abgeschafft wurden. Die Höhe der Gebühren variiert zwischen den Ländern (häufig 500 Euro pro Semester).

[science.ORF.at/APA/dpa, 22.10.08]
->   Hochschul-Informations-System (HIS)
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Studiengebühren
 
 
 
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01.01.2010