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Depressionen: Schlankheitspille zurückgezogen  
  Wegen der Gefahr von Depressionen hat Sanofi-Aventis seine Schlankheitspille Acomplia europaweit vom Markt genommen. Die europäische Arzneibehörde EMEA hatte die Rücknahme gefordert.  
Es habe in der EU sogar mehrere Suizidversuche und Suizide gegeben, sagte Ulrich Hagemann vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn.
Mehr Risiken als Vorteile
"Die Risiken überwiegen die Vorteile", sagte ein Sprecher von Sanofi-Aventis am Freitag in Paris. Acomplia könne Depressionen vor allem dann auslösen, wenn Patienten bereits früher daran litten. Diese Gefahr kannten die zuständigen Behörden schon lange.

"Das war schon bei der Zulassung in der EU 2006 bekannt", sagte Hagemann. In den USA sei dem Mittel 2007 wegen der drohenden Auswirkungen auf die Psyche keine Zulassung erteilt worden. In Österreich ist es seit Oktober 2006 auf dem Markt.
Immer wieder schwere Nebenwirkungen
Acomplia basiert auf dem Wirkstoff Rimonabant, der im Gehirn Hungergefühle unterdrückt. Das Medikament sei nur Patienten mit stark erhöhtem Gewicht und weiteren Risikofaktoren wie hohen Blutfettwerten oder Diabetes verschrieben worden, erklärte Hagemann.

Auch von anderen Appetitzüglern wie zum Beispiel Sibutramin - in Europa unter dem Markennamen Reductil erhältlich - seien schwere Nebenwirkungen bekannt. Sibutramin könne Herz-Kreislauf-Beschwerden auslösen.

Patienten, die gegenwärtig Acomplia einnehmen, sollten ihren behandelnden Arzt um Rat fragen, ob und wie eine Behandlung fortgeführt werden soll.
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Neuer Wirkstoff
Erst kürzlich wurden im Fachblatt "Lancet" Ergebnisse zu einem neuen Wirkstoff gegen Übergewicht namens Tesofensin veröffentlicht worden. Auch dieses Mittel unterdrücke die Hungergefühle im Gehirn und wirke doppelt so gut wie Rimonabant und Sibutramin, berichteten Forscher der Universität Kopenhagen (Dänemark). Tesofensin hat noch keine Zulassung, Experten warnen vor überzogenen Erwartungen.
->   Zum "Lancet"-Beitrag (kostenpflichtig)
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81 Millionen Euro Umsatz in neun Monaten
Vorerst dürfe das Mittel nicht mehr verschrieben oder in Apotheken ausgegeben werde, sagte der Sanofi-Aventis-Sprecher. Die klinischen Versuche sollten jedoch fortgesetzt werden. Bislang wurden weltweit etwa 700.000 Übergewichtige mit Acomplia behandelt.

Das Verkaufsverbot gilt als Rückschlag für den Pharmakonzern - auch wenn das Mittel nicht zu den Verkaufsschlagern gehörte: In den ersten neun Monaten des Jahres hatte es für einen Umsatz von 81 Millionen Euro gesorgt.

[science.ORF.at/dpa, 24.10.08]
->   Sanofi-Aventis
->   EMEA-Empfehlung zu Acomplia
 
 
 
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01.01.2010