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Top-Forscher fordern bessere Nachwuchsförderung  
  Eine bessere Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, eine stärkere Internationalisierung der Unis und mehr Mittel für Forschung, wünschen sich heimische Top-Wissenschaftler in einer Umfrage.  
Die APA befragte zu den laufenden Koalitionsverhandlungen 13 Spitzenforscher über ihre Wünsche und Forderungen an die neue Bundesregierung.
Stipendien, Graduiertenzentren und Tenure Tracks
Der Großteil der befragten Wissenschaftler nennt die Förderung des Nachwuchses als absolutes Muss: Dazu notwendig seien "gute und kompetitive Doktoratsstipendien", meinte die Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak.

Die "zügige und flächendeckende Einführung von 'Graduate Schools' nach nordamerikanischem Vorbild", wünscht sich der Physiker und FWF-Aufsichtsratspräsident Arnold Schmidt, sowie ein sogenanntes "Tenure Track-System", wie es von zahlreichen der befragten Forschern gefordert wird.

Wie das funktionieren könnte, erläuterte der Direktor der Wiener Max F. Perutz Laboratories, Graham Warren: "Jeder 'Assistant Professor' (Assistent bzw. Junior Professor, Anm.) muss klar definierte Ziele erreichen, um befördert zu werden. Dabei stehen sie - im Unterschied zum österreichischen System - nur mit sich selbst im Wettbewerb, ob sie es schaffen oder nicht, hängt nur von ihren Fähigkeiten ab."
Weniger Titel, mehr Unabhängigkeit
Der Sozial- und Kulturanthropologe Andre Gingrich sieht in diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit, "mit dem lächerlichen und provinziellen österreichischen Titel-Wildwuchs Schluss zu machen". Stattdessen sollten "zeitgemäße, flache und international übliche Minimal-Hierarchien" eingeführt werden.

Mehr Unabhängigkeit für junge Forscher fordert der Molekularbiologe Josef Penninger. Und der Experimentalphysiker Anton Zeilinger würde die Exzellenzförderung und die Förderung von Jungwissenschaftlern im Lichte der neuen ERC-Förderungen neu definieren, "von denen man viel lernen kann".

So sollte die langfristige Einzelförderung auf Antrag ermöglicht und weniger auf große Exzellenzprogramme wie in Deutschland gesetzt werden.
Bessere Betreuung der Studierenden
Ein Anliegen ist den befragten Wissenschaftlern aber auch die Situation im Studium. Ruth Wodak etwa fordert mehr Budget für mehr Lehrpersonal, um das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Studenten und Uni-Lehrern zu verbessern.

Auch für Barry Dickson, Chef des Wiener Instituts für Molekulare Pathologie (IMP), sollte das Betreuungsverhältnis an internationale Standards herangeführt werden, entweder durch Zugangsbeschränkungen oder durch mehr Lehrpersonal.
Neuordnung des Hochschulzugangs
Für eine Neuordnung des Hochschulzugangs ist Anton Zeilinger. Er erachtet den Zugang für alle als wichtiges Prinzip, doch sei die Kombination von Kostenfreiheit und offenem Zugang unabhängig von der persönlichen Eignung schlecht, "da in einem Massenbetrieb die Qualität der Ausbildung nicht gewährleistet werden kann".

In ein ähnliches Horn stößt der Philosoph Konrad Paul Liessmann, für den die "Universitäten aus den paradoxen Ansprüchen, in die sie zum Teil durch die Politik mutwillig gebracht worden sind, wieder gelöst werden müssen".

Es sei sinnlos, "Universitäten, die weder Studienbeschränkungen, noch Studiengebühren kennen, unter den Bedingungen des freien Hochschulzugangs bei sinkenden Budgets in einen Wettbewerb mit Fachhochschulen und ausländischen Universitäten zu hetzen, die unter ganz anderen Voraussetzungen arbeiten".
"Brachliegende Begabtenreserven aktivieren"
Arnold Schmidt wünscht sich ein Ende der Diskussion über Studiengebühren, für ihn ein "eher peripheres Thema". Stattdessen sollte eine umfassende Debatte über Struktur und Ausbau des gesamten tertiären Sektors geführt werden.

Als eine der vordringlichsten staatlichen Aufgaben erachtet er die Zahl der Absolventen zu erhöhen und "brachliegende Begabtenreserven, Stichwort: Frauen, bildungsferne Schichten zu aktivieren".

Ein Studium sollte im Regelfall Hauptbeschäftigung sein, bei entsprechender Leistung sollten dafür alle Zugang zu Stipendien, geförderten Krediten, etc. haben, um sich dem Studium voll widmen zu können, so Schmidt.

Christian Müller und Lena Yadlapalli/APA, 28.10.08
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Forschungsförderung
 
 
 
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01.01.2010