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"Genetische Uhr" reagiert auf Umwelteinflüsse  
  US-Forscher haben eine stabile "genetische Uhr" erschaffen. Sie befindet sich als Netzwerk aus unterschiedlichen Genen innerhalb von E.-coli-Zellen und "tickt" in Form eines regelmäßigen, fluoreszierenden Leuchtens. Die Abstände zwischen dem Aufleuchten verändern sich nur, wenn an den Umweltbedingungen wie Temperatur oder Art der Energiequelle "gedreht" wird.  
An Einsatzgebieten würde es dem ungewöhnlichen Taktgeber nicht mangeln, sind Jesse Stricker, Scott Cookson, Metthew Bennet und ihre Kollegen von der Universität Kalifornien in San Diego überzeugt: als superempfindliche Sensoren etwa, die Informationen über ihre Umwelt durch die Blinkrate vermitteln.
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Die Studie "A fast, robust and tunable synthetic gene oscillator" ist online am 29. Oktober 2008 in "Nature" erschienen (DOI:10.1038/nature07389).
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"Synthetische Biologie": Arbeiten an den Grundlagen
Die "synthetische Biologie" ist zwar kein ganz neues Forschungsfeld mehr, bisher drang aber relativ wenig von ihr an die Öffentlichkeit. Am Inhalt kann es eigentlich nicht liegen, denn die Erschaffung biologischer Systeme, die in der Natur nicht vorkommen, birgt eines hohes Potenzial für beides: Faszination und Schrecken.

Bleibt also die Vermutung, dass vieles mit der Überschrift "synthetische Biologie" noch zu abstrakt und theoretisch ist, um breit kommuniziert bzw. nachgefragt zu werden.
Schaltkreis aus Genen
Die Biotechnologen um Jesse Stricker zeigen nun mit ihrer Publikation, dass diese zwar aus biologischen Elementen geschaffenen, letztlich aber dennoch künstlichen Systeme im Kleinen bereits zum Leben erweckt werden können.

Schon seit Jahren arbeiten die Forscher im "Systems Biodynamics Labor" der Universität Kalifornien daran, eine Art Schaltkreis durch die Kombination unterschiedlicher Gene zu erschaffen. Als "Trägermedium", in die die Schaltkreise "implantiert" werden sollten, wählten sie E. coli-Zellen. Für diese Art von Zellen hatten sie nämlich durch die Entwicklungsarbeit der letzten Jahre bereits eine Art Flüssigkeit parat, über die sich die Umweltbedingungen detailliert kontrollieren lassen.
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Drei Schritte
Vorgegangen sind die Forscher in drei Schritten: Zuerst wurde am Computer ein Modell entwickelt, wie die genetische Uhr rein theoretisch funktionieren sollte, dann wurde ein Netzwerk aus Genen analog zu diesem Modell konstruiert und zum Schluss beobachtet, ob die Uhr "in vivo" tatsächlich so tickt wie angenommen.
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Mikro-RNA und Proteine abgekoppelt
Den Biotechnologen ist es gelungen, an einer zentralen Schraube des Systems zu drehen, wodurch die große Präzision der "genetischen Uhr" überhaupt erst möglich wurde: Sie schafften es, die Produktion von Messenger-RNA und die Herstellung der darauf basierenden Proteine zeitlich zu entzerren.

Oder einfacher gesagt: Die fluoreszierenden Proteine entstanden exakt zwei Minuten, nachdem die RNA produziert worden war. Diesen Takt hielt die Uhr - außer man manipulierte an den Umweltbedingungen.
Zukunftsmusik
Auch wenn die Forscher Einsatzmöglichkeiten für ihre Uhr als neuartiger Sensor sehen, bleibt ihre Arbeit, wie sie auch selbst in einer Aussendung zugeben, Grundlagenarbeit - allerdings mit großem Potenzial.

Denn die Kreation funktionstüchtiger genetischer Netze, die auch noch unter kontrollierten Bedingungen ein Signal abgeben, könnte neue Möglichkeiten in der Medizin eröffnen. Unter dem Stichwort "Gentherapie" bleiben sie aber bis dato Zukunftsmusik.

Elke Ziegler, science.ORF.at, 29.10.08
->   Systems Biodynamics Labor (UC, San Diego)
->   Jesse Stricker
->   Mehr über synthetische Biologie (Wikipedia)
 
 
 
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01.01.2010