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Masse des Protons erstmals berechnet  
  Die Ruhemasse der Kernteilchen - Protonen und Neutronen - ist längst bekannt. Bislang hat man diese aber nur experimentell bestimmt. Nun haben Forscher entsprechende Berechnungen nachgeholt.  
Wabernde Existenzen
Der Grund, warum man bisher kaum realistische Berechnungen durchführen konnte, liegt an der Komplexität des Problems. Protonen und Neutronen bestehen nicht nur aus (jeweils drei) Quarks, ein Teil ihrer Masse wird auch von "Klebeteilchen", sogenannten Gluonen, verursacht, die für den Zusammenhalt des Atomkerns sorgen.

Die Gluonen entstehen nach den Vorstellungen der Theoretiker aus Fluktuationen des Quantenvakuums, d.h. sie "springen" zufällig in die materielle Daseinsform - und verschwinden auf ebensolche Weise ins Reich der Nichtexistenz. Das ist aber noch nicht alles: Zu berücksichtigen ist etwa auch die Tatsache, dass fortwährend Quark-Antiquark-Paare entstehen und sich bestehende Protonen kurzfristig in exotische Teilchen verwandeln können.

Die Protonenmasse ist im Grund die Summe all dieser bizarren Vorgänge. Um diese Myriarden von Möglichkeiten mathematisch in den Griff zu bekommen, haben Forscher eine Methode namens "Gitter-Quantenchromodynamik" entwickelt, die Raum und Zeit quasi durch eine Rasterbrille betrachtet.
Supercomputer ringt nach Lösung
Doch selbst mit diesem mathematischen Abkürzer fallen die entsprechenden Berechnungen noch immer extrem aufwändig aus. Ein Supercomputer war daher nötig, um das Problem zu lösen. Wie ein Team um Stephan Dürr vom Forschungszentrum Jülich im Fachblatt "Science" (Bd. 322, S. 1224) berichtet, war es diese Woche endlich soweit: Der Rechner JUGENE (Leistungsvermögen: 180 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde) hat die Masse von Protonen und Neutronen nach einjähriger Arbeit ausgespuckt, der Wert weicht maximal zwei Prozent von jenem der Experimentalphysiker ab.

Fazit: Alles Eitel Wonne in der Quantenwelt, die Theorie stimmt. "Das zeigt, dass man sich so den Experimenten annähern kann. Und das ist großartig", sagt Christine Davies of the University of Glasgow gegenüber dem Magazin "New Scientist". "Nachdem wir nun wissen, dass die Gitter-Quantenchromodynamik funktioniert, möchten wir in Hinkunft auch die Eigenschaften der Teilchen berechnen - nicht nur deren Masse."

Robert Czepel, science.ORF.at, 21.11.08
->   Lattice Quantum Chromodynamics - Wikipedia
->   Forschungszentrum Jülich
 
 
 
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01.01.2010