News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Saubere Hände, mildes Urteil  
  Schmutz und Sauberkeit beeinflussen offenbar unser moralisches Empfinden, wie eine Studie zeigt. Wer sich die Hände wäscht, beurteilt moralische Verfehlungen weniger streng.  
Der Macbeth-Effekt
Die Sünde als Schmutz und Befleckung ist seit jeher eine gebräuchliche Wendung des Christentums, etwa im Buch Jeseia (59,3): "Denn eure Hände sind mit Blut befleckt, eure Finger mit Unrecht." Man würde dazu neigen, das ausschließlich metaphorisch zu lesen, wenn nicht zwei Forscher im Jahr 2006 hier einen näheren Zusammenhang hergestellt hätten. Sie wiesen nach, dass wir mit einem Waschbedürfnis reagieren, sofern jemand unsere moralische Integrität infrage stellt (Science 313, S. 1451).

Das ging in die Fachliteratur unter dem Namen Macbeth-Effekt ein - in Anlehnung an jene Szene, in der Macbeth nach begangenem Mord frägt: "Will all great Neptune´s ocean wash this blood clean from my hand?" (Die Antwort seiner Frau, ganz der Studie entsprechend: "A little water clears us of this deed").
Reinigung für das Gemüt
Das Ganze funktioniert auch in die Gegenrichtung, wie nun ein Team um Simone Schnall von der Universität Plymouth zeigt (Psychological Science, im Druck). Die Psychologen ließen Testpersonen Sätze aus vorgegeben Wortgruppen bilden, wobei einige davon etwas mit Sauberkeit zu tun hatten, andere hingegen nicht. Nach dieser Übung mussten die Probanden diverse moralisch bedenkliche Handlungen bewerten. Die Urteile fielen deutlich milder aus, wenn die zuvor gebildeten Sätze etwas mit Hygiene zu tun hatten.

In einer zweiten Testrunde wurde das begriffliche "Priming" durch Wasser und Seife ersetzt, die Ergebnisse blieben im Wesentlichen die gleichen. Schnall folgert daher: "Wenn wir moralische Urteile fällen, dann glauben wir eine bewusste Entscheidung zu treffen. Unsere Versuche zeigen, dass wir unbewusst davon beeinflusst werden, wie 'rein' wir uns fühlen." Wie oft sich Richter die Hände waschen, wurde im Rahmen der Studie leider nicht erhoben.

Robert Czepel, science.ORF.at, 3.12.08
->   Simone Schnall
->   Psychological Science
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010