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Die "Lüge vom Christkind" ist gar keine  
  Eltern lieben die Zeit, in der ihre Kinder noch an das Christkind glauben und lassen diese auch gerne in diesem Denken. Belügen sie dabei ihre Kleinen ? Ganz und gar nicht, findet eine Entwicklungspsychologin.  
Pädagogisch gesehen regen diese Figuren die Fantasietätigkeit an und inspirieren die Kleinen zum Geschichten erzählen, meint Ursula Kastner-Koller vom Institut für Entwicklungspsychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität Wien.
Kinder lieben Fantasiegestalten
Gerade im Kindergartenalter sind Kinder für Fantasiegestalten sehr empfänglich. Im Vorschulalter - dem Alter des "magischen Denkens" - machen Kinder sprachlich große Fortschritte und entdecken, dass sie eine Welt im Kopf entstehen lassen können.

Das "so tun als ob" ist ganz wesentlich im kindlichen Spielen. Plötzlich wird der Plüschteddy lebendig oder die Kinder haben imaginäre Freunde. Im Alter des "magische Denkens" kommt all diesen Figuren eine besondere Wirkung und Bedeutung zu.

Je älter die Kinder werden, desto stärker ist das kausale Denken ausgeprägt und die Kleinen lernen zu prüfen, ob etwas, das man ihnen erzählt, wahr ist oder nicht.
Pädagogisch wertvoll
Wenn Eltern ihre Kinder also in dem Glauben an das Christkind oder den Nikolaus lassen, belügen sie ihre Kinder nicht. "Es kommt immer darauf an, welche Funktion diese Figuren einnehmen", erklärte die Entwicklungspsychologin.

Verbindet man den Glauben an das Christkind mit etwas Positivem z.B. der Idee jemandem etwas zu schenken, dann sei das pädagogisch gesehen nicht schädlich, meinte Kastner-Koller.

Diese Figuren sind nur dann bedenklich, wenn sie von Eltern als Erziehungsinstanzen eingesetzt werden z.B. wenn Eltern ihren Kindern erzählen, dass das Christkind nur braven Kindern Geschenke bringt und zu den bösen der Krampus kommt.
Zeitpunkt erster Zweifel individuell
Wie lange die Kleinen an das Christkind glauben bis sie selbst herausfinden, dass die Figuren erfunden sind, hänge eng mit der Denkentwicklung zusammen. "Erste Zweifel kommen meist im späten Kindergartenalter", sagte Kastner-Koller. Aber auch wenn die Kinder wissen, dass das Christkind nicht existiert, bleiben sie oft noch gerne in diesem Denken.

Der Glaube an den Nikolaus, den Osterhasen oder das Christkind kommt für Kastner-Koller nicht von ungefähr. All diese Figuren haben ihren Ursprung im Religiösen.

"Darin spiegelt sich wieder, dass Menschen gerne an etwas glauben ... dass jemand lieb an mich denkt oder mich beschützt", sagte die Psychologin.
Kinder wissen oft früher Bescheid als Eltern
Eltern sollten ihre Kinder nicht anlügen, wenn diese fragen, ob es das Christkind wirklich gibt, sie müssen deren fantasievolle Vorstellung aber auch nicht gewaltsam zerstören.

Der Verlust des Kinderglaubens ist ein Zeichen für einen Entwicklungsschritt und für die Kleinen ein oft weniger herber Schlag als für die Eltern. Denn oft wissen die Kinder längst Bescheid, auch wenn sie es nicht gleich zugeben.

[science.ORF.at/APA, 4.12.08]
->   Ursula Kastner-Koller, Universität Wien
 
 
 
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01.01.2010