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Klimawandel auf dem Mars  
  US-Forscher haben auf dem Mars mysteriöse Treppen entdeckt, die vermutlich durch periodische Klimaschwankungen entstanden sind. Die dürften wiederum kosmische Ursachen haben: Der Rote Planet "trudelt" nämlich wie ein Kreisel um seine Achse.  
Treppen im arabischen Land
 
Bild: Caltech/NASA/JPL/Univ. of Arizona

Ein bisschen sehen die Aufnahmen, die der "Mars Reconnaissance Orbiter" letztes Jahr zur Erde gefunkt hat, so aus, als wären sie mit einem Grafikprogramm erstellt worden. Und in gewisser Hinsicht ist das auch nicht so falsch: Natürlich sind sie das Produkt eines massiven Rechenprozesses, mit den Rohdaten der Stereokamera auf dem Marssatelliten könnte unsereins eher wenig anfangen.

Eines haben die hochauflösenden Bilder aus der Region Arabia Terra jedenfalls gemeinsam: Sie zeigen auffallend regelmäßige Strukturen, die etwas über die Sedimentationsgeschichte des Roten Planeten aussagen.
Auffällige Ordnung
 
Bild: NASA/JPL/University of Arizona

Wie diese Geschichte abgelaufen sein mag und von welchen Mechanismen sie gespeist wird, haben nun Forscher um Kevin Lewis vom Caltech in Pasadena ergründet. Sie stellten zunächst fest, dass das Innere des sogenannten Bequerel-Kraters von Treppen mit einer Durchschnittshöhe von 3,6 Metern übersät ist (Bild oben).

DieTreppen bilden gemeinsam eine übergeordnete Struktur, und auch auf dieser Ebene herrscht Ordnung und Ebenmaß: Lewis und Kollegen veranschlagen im Schnitt 36 Meter für diese größeren Stufen, das Verhältnis zwischen dem Ganzen und seinen Teilen beträgt daher exakt 10:1.

Im Prinzip könnten derartige Muster durch alles Mögliche erzeugt worden sein, schreiben die US-Forscher im Fachblatt "Science" (Bd. 322, S. 1532), Fluten und Landrutschungen etwa, denkmöglich wären auch Vulkanismus oder Meteoriteneinschläge. Die streng periodische Abfolge in den Sedimenten spricht - nicht zuletzt aus statistischen Gründen - für ein zyklisches Phänomen.

In diesem Fall wird die Liste der Kandidaten allerdings schon kürzer: Hätten die Treppen etwas mit saisonalen Unterschieden im Marsklima zu tun, müssten die Treppen kleiner sein. Sedimentierungen im Meterbereich sind zwar möglich, aber recht unwahrscheinlich.
Auslöser: Kosmische Zyklen
Geht man hingegen davon aus, dass sich in dem untersuchten Gebieten jährlich nur 100 Mikrometer abgesetzt haben - ein viel realistischerer Wert -, dann bietet sich eine plausible Erklärung an: Der französische Planetenforscher Jacques Laskar berechnete vor drei Jahren, dass die Rotationsachse des Mars in Perioden von 120.000 Jahren schwankt und zusätzlich alle 1,2 Millionen Jahre ihre Charakteristik ändert (Icarus 170, 343).

Auch bei der Erde gibt es ein ähnliches Phänomen, die sogenannten Milankovic-Zyklen. Einer dieser Zyklen betrifft den Neigungswinkel der Erdachse, der sich alle 41.000 Jahre zwischen 22,1 und 24,5 Grad bewegt. Damit ändert sich auch die Sonneneinstrahlung - kein Wunder, dass vorgeschlagen wurde, die Kalt- und Warmzeiten auf unserem Planeten würden durch diesen Zyklus ausgelöst.

Ob das stimmt, ist noch nicht ausgemacht, auf dem Mars jedenfalls sind derartige Effekte bedeutend größer, der Mars "eiert" förmlich um seine Achse, die Winkeländerung beträgt mehr als 10 Grad.

Nachdem der von Laskar entdeckte Zyklus aus zwei Perioden mit einem Verhältnis von 10:1 besteht, ist das für Lewis und sein Team fast schon die "smoking gun". Auf dem Mars dürfte es einen wiederkehrenden Klimawandel mit kosmischen Ursachen gegeben haben, dem die Treppen und Stufen in der Arabia Terra ihre Existenz verdanken.
Klimafaktoren: CO2 und Wasser
 
Bild: NASA/JPL/University of Arizona

Abgeschlossen ist das Kapitel allerdings noch nicht, denn das "Wie?" bedarf auch noch einer Antwort. Fakt ist, dass in Phasen starker Achsenneigung die Pole mehr Sonne bekommen.

"Das ändert das atmosphärische Budget flüchtiger Substanzen", sagt Oded Aharonson, ein Co-Autor der Studie. "Wenn man beispielsweise CO2 von den Polen entfernt, erhöht sich der Druck in der Atmosphäre. Das beeinflusst wiederum Winde und ihre Fähigkeit, Sand zu transportieren."

Ein anderer Faktor dürfte die Verfügbarkeit von Wasser gewesen sein, weil feuchte Sandkörner bekanntlich besser kleben als trockene. Dass es solches auf dem Mars gibt, ist spätestens seit Ende Juli dieses Jahres sicher. Nach der Untersuchung von Bodenproben der Sonde "Phoenix" schwärmten NASA-Forscher über den definitiven Beweis: "Wir haben das Wasser berührt und geschmeckt."

Robert Czepel, science.ORF.at, 5.12.08
->   Kevin Lewis
->   Mars Reconnaissance Orbiter
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01.01.2010