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Roboter, die auch auf Sand gehen können  
  Militär und Raumfahrt arbeiten ständig an der Entwicklung mobiler Roboter, die schwer zugängliche Gegenden erkunden sollen. Die oft von der Natur inspirierten künstlichen Wesen werden dabei immer geschickter. Mancher Boden wie Sand und Geröll bringt aber selbst die elaboriertesten Maschinen zum Straucheln. US-Forscher haben nun untersucht, wie man diese Schwäche ausgleichen könnte.  
Die Leistung ihres Roboters "SandBot" hängt offenbar von der Frequenz der Beinbewegung und der Dichte des Untergrunds ab. Zur echten Optimierung müsste man aber laut den Wissenschaftlern die physikalischen Eigenschaften derartiger Böden noch besser analysieren.
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Der Artikel "Sensitive dependence of the motion of a legged robot on granular media" von Chen Li et al. ist in der aktuellen Ausgabe der "Proceedings of the National Academy of Sciences" (10. Februar 2009, DOI:10.1073/pnas.0809095106) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Große Fortschritte auf festem Grund
Bild: Boston Dynamics
BigDog
Moderne Roboter sehen oft beängstigend lebensecht aus, wie etwa der in Boston entwickelte vierbeinige "BigDog", der erst vergangenes Jahr für Aufsehen und Kritik gesorgt hat.

Dieser bewegt sich scheinbar mühelos im unwegsamen Gelände, wie Wald, Schnee oder Eis. Dabei erreicht er eine Geschwindigkeit, die - umgelegt auf die entsprechenden Körpermaße - der einer Kakerlake entspricht.

Aber laut den Autoren der aktuellen Studie funktioniert dies nur auf halbwegs festem Grund, ein sandiger, rieselnder Boden verschlechtere auch dessen Leistung.
->   BigDog (YouTube)
SandBot "geht" auch auf schwierigem Gelände
 
Bild: Chen Li, Paul B. Umbanhowar, Haldun Komsuoglu, Daniel E. Koditschek, and Daniel I. Goldman.

Der sechsbeinige SandBot

Bis jetzt wurde die Fortbewegung auf derartigem Terrain laut den Forschern rund um Chen Li vom Georgia Institute of Technology in Atlanta noch kaum systematisch untersucht. Demnach gibt es außerdem recht wenig Wissen darüber, wie sich Tiere durch das schwierige Medium bewegen. Die Eigenschaften von Sand seien nämlich besonders unvorhersehbar, da sein Zustand sich augenblicklich verändern kann, von flüssig zu fest und umgekehrt. Der Gang muss sich anpassen.

Ihre aktuelle Untersuchung führte das Team mit dem sechsbeinigen "SandBot" durch. Er ist mit 30 Zentimetern und 2,3 Kilogramm eine der kleinsten von Lebewesen inspirierten mobilen Maschinen. Schon vor der Entwicklung des "BigDog", der mit einem Meter Länge und 75 Kilogramm deutlich größer ist, war dieser Typ laut den Forschern der einzige, der sich auch auf schwierigem Gelände zurechtfand.
->   "SandBot geht" (Video)
SandBot kommt ins "Schwimmen"
 
Bild: Chen Li, Paul B. Umbanhowar, Haldun Komsuoglu, Daniel E. Koditschek, and Daniel I. Goldman.

SandBot bewegt sich auf sandigem Boden

Jeweils drei der sechs C-förmigen Beine rotieren synchron, wenn sich der Roboter vorwärts bewegt. Dadurch erhält er laut den Forschern seine relative Stabilität. Auf festem Grund erzielt er so Geschwindigkeiten von bis zu 60 cm/s, das entspricht seiner doppelten Körperlänge.

Auf körnigem Untergrund hingegen verändert sich die Bewegung auffällig, aus dem eher hüpfenden schnellen Gang wird ein "schwimmender". Die Beine rutschen immer wieder rückwärts, wodurch sich das Tempo drastisch verringert und die Maschine mitunter steckenbleibt.
->   "SandBot schwimmt" (Video)
Zu schnelle Rotation
Um die Ursachen genauer zu untersuchen, konstruierten die Wissenschaftler eine 2,5 Meter lange Teststrecke aus Mohnkörnern, die möglichst echte sandige Bedingungen simulieren sollte. Von unten strömte permanent Luft zu, um die Samen in einem nur locker gepackten Zustand zu halten. Die Beine rotierten fünf Mal pro Sekunde. Nach nur wenigen Schritten steckte die Maschine fest.

Laut dem Team rund um Li liegt das Problem in der Rotationsbewegung der Beine, in der Luft sind sie extrem schnell, im Boden sehr langsam. Daraus schlossen die Forscher, dass der Sechsbeiner seine Extremitäten umso langsamer bewegen sollte, je lockerer der Sand gepackt war. Nur so könne verhindert werden, dass das Bein zu tief in den Boden eindringt und letztlich steckenbleibt.

Also änderten die Wissenschaftler im Rahmen ihrer Versuche das gesamte Bewegungsmuster des Roboters, wie etwa die Dauer der schnellen und der langsamen Phasen und den Winkel, unter dem das Bein von schnell auf langsam wechselte. So konnten sie zumindest die Hälfte der Maximalgeschwindigkeit auf festem Boden erreichen.
Empfindliches Gleichgewicht
"Die Bewegungsstudie zeigte, dass schon geringe Veränderungen in der Dichte des Untergrunds oder in der Rotationsfrequenz die effiziente Fortbewegung drastisch stören können", so der Mitautor der Studie Daniel Goldman.

Das von den Forschern aufgestellte theoretische kinematische Modell versucht, dieses empfindliche Gleichgewicht zwischen Geschwindigkeit, Materialdichte und Rotation nachzubilden. In Zukunft könnten "intelligente" Roboter, welche die Bodenbeschaffenheit vorab analysieren können, ihre Bewegung entsprechend anpassen.

Von ihrer Arbeit versprechen sich die Wissenschaftler außerdem neue Erkenntnisse dazu, warum sich manche Tiere so mühelos auf unterschiedlichen Böden bewegen können.

[science.ORF.at, 10.2.09]
->   "SandBot auf der Teststrecke" (Video)
->   Georgia Institute of Technology
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01.01.2010