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Wissenschaftler als "Spielball der Politik"  
  Österreichs Wissenschaftler und Uni-Vertreter fühlen sich von der Politik missbraucht. Dabei geht es laut Jürgen Mittelstraß, Chef des Wissenschaftsrats, nicht allein um das kommende Budget.  
Dieses werde von manchen als existenzgefährdend bezeichnet. "Am meisten beunruhigt mich der leichtfertige Umgang der Politik mit den Bedürfnissen der Wissenschaft und Forschung, die zum Spielball politischer Entscheidungen gemacht werden", so Mittelstraß am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Grünen Parlamentsklubs.

Mehrere Teilnehmer plädierten für einen nationalen Bildungsgipfel, um Druck auf die Regierung zu machen; Hochschülerschaft und Gewerkschaft erklärten sich zu Protestmaßnahmen bereit.
"Forscher und exzellente Institutionen werden abwandern"
Mittelstraß befürchtet, dass die Unis mit dem kommenden Budget "nur überwintern können" und erwartet Auswirkungen auf die Leistungsvereinbarungen. "Da wird nichts weitergehen, und das ist bei Forschung schon ein gefährlicher Rückschritt."

Günther Bonn vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) warnte, dass "exzellente Institutionen" bereits erwägen, nach Deutschland abzuwandern. Er fürchte außerdem, dass auch junge Forscher wieder vermehrt ins Ausland gehen werden. "Und das", so Bonn, "holen wir lange nicht mehr auf."

Bonn verurteilte auch den Umgang der Regierung mit der Wirtschaftskrise: Während etwa in Frankreich antizyklisch in die Forschung investiert werde, "wird das in Österreich komplett negiert. Wir sind am Abstieg und niemand reagiert", so Bonn. Gerald Bast, Rektor der Uni für Angewandte Kunst, kritisierte das "völlig desolate" System der Förderung von Wissenschaft und Kunst in Österreich. Die Politik könne sich das nur erlauben, "weil sie glaubt, dass diese Bereiche in der Gesellschaft ohnehin keinen Rückhalt haben."
Bildungsgipfel und mögliche Protestmaßnahmen
"Wir müssen den Verantwortliche klar machen, dass es so nicht geht", trat Christoph Kratky, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, für Protestmaßnahmen ein. Darüber, wie diese aussehen könnten, waren die zwei Dutzend Diskutanten jedoch uneins. Wenig Rückhalt bekam Wolf-Dietrich Von Fircks, Rektor der Veterinärmedizinischen Uni, für seinen Vorschlag, die Mieten für die Universitätsgebäude nicht zu zahlen. "Die Unis zahlen 180 Millionen pro Jahr Miete an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Wenn wir sie kollektiv einbehalten, merkt das der Finanzminister sofort."

Viel Zustimmung gab es hingegen für Von Firkcks' Vorschlag, einen nationalen Bildungsgipfel mit Bundespräsident Heinz Fischer an der Spitze einzuberufen. Dabei, betonte Oliver Vitouch, Senatsvorsitzender der Uni Klagenfurt, müssten sich aber auch die Unis von "heiligen Kühen" wie dem freien Uni-Zugang verabschieden. Und die Politik müsse die "nicht mehr nur mit Tagespolitik beschäftigen sondern den Gedankensprung bis 2020 machen", sagte RFT-Generalsekretär Ludivit Garzik.

Die Österreichische Hochschülerschaft, der Betriebsrat des wissenschaftlichen Uni-Personals und die Gewerkschaft öffentlicher Dienst kündigten Protestmaßnahmen an, sollte das Budget so niedrig wie befürchtet ausfallen bzw. der bereits ausverhandelte Kollektivvertrag für Uni-Bedienstete nicht ausfinanziert werden.

[science.ORF.at/APA, 11.2.09]
->   Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT)
->   Österreichischer Wissenschaftsrat
->   FWF
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01.01.2010