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Wirtschaftskrise als Chance  
  Während hierzulande die unklare Forschungsfinanzierung für Verunsicherung sorgt, geht es international eher um die Frage: Welche Auswirkungen hat die weltweite Finanzkrise auf Forschung und Politik? Acht internationale Experten sehen in der Rezession nicht nur ein Dilemma, sondern auch eine Chance.  
"Wie kann man die Rezession überleben?" - Unter diesem Titel lässt "Nature" (Bd. 457, S. 957) die acht Experten aus Wissenschaft und Politik antreten, um ihre Sicht der Weltwirtschaftslage zu erklären. Dass Forschung für einen Aufschwung oder einen Neubeginn eine entscheidende Rolle spielen wird, darin sind sich fast alle einig.
Die Politik überzeugen
Um diesen Einfluss geltend zu machen, müssten die Wissenschaftler aber wissen, wie sie die Politiker überzeugen, warum die Forschungsbudgets auch in rauen Zeiten nicht gekürzt werden sollen. Das meint etwa der ehemalige britische Wissenschafts- und Technologieminister Ian Taylor.

Während der Rezession in Großbritannien in den frühen 1990er Jahren hätten die Forscher zu häufig dabei versagt zu artikulieren, wie sie der Gemeinschaft durch harte Zeiten helfen können.

Wenn man die Finanzkrise überstanden habe, sollten die Natur- und Ingenieurswissenschafter laut Taylor ihre praktischen Erfolge während der Misere hervorheben können. Dafür bräuchte es jedoch echten Enthusiasmus in der Forschungsgemeinschaft sowie die wirkliche Unterstützung durch die Regierung.
Aus der Geschichte lernen
Auch der US-amerikanische Historiker Eric Rauchway argumentiert ähnlich. Er meint, man könne aus der "Großen Depression" in den 1930er Jahren lernen. Damals hätte die Politik Forschungsausgabe und -aktivitäten forciert. Laut ihm ein Grund dafür, warum die USA wieder aus der Krise gefunden hätte.

Für Japan ist es laut Atsushi Sunami, Direktor des Naturwissenschafts- und Technologieprogramms, und Kiyoshi Kurokawa, ehemaliger Berater des japanischen Premierministers, nun ebenfalls an der Zeit, sich zu öffnen und sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Es brauche eine globalere Sichtweise und Förderungsmittel sollten für internationale Projekte geöffnet werden.
Kooperation soll regieren
Für geänderte Werte plädiert Noreena Hertz von der Rotterdam School of Management der Erasmus Universität: "Wir stehen nun vor einer Ära des 'Ko-op-Kapitalismus', wo eher Kooperation als selbstsüchtiges Verhalten regieren wird."

Um dieser Art Kapitalismus zu verstehen, müsse man allerdings sozioökonomische, politische, psychologische, geschichtswissenschaftliche und juristische Trends erkennen. Die verschiedenen Forschungsdisziplinen sollten gleichberechtigt zusammenarbeiten. Nur so könne man sich in einer unberechenbaren Welt zurechtfinden.
Mehr Entwicklungshilfe
"Unterstützt die Entwicklungsländer", so appelliert der Ökonom Jeffrey Sachs von der Columbia University in New York an die Regierungen der reichen Länder. Ein Finanzierungspaket der G20, der Gruppe der wichtigsten Industrie-und Schwellenländer, zur Unterstützung von nachhaltigen Energie-, Land- und Wassernutzung in den ärmsten Ländern, könnte einen dreifachen Gewinn bringen: Anreize für die reichen Länder, Entwicklung für die armen sowie ökologischen Nachhaltigkeit für alle.

Man solle bei dem G20-Treffen im April mindestens 25 Milliarden Dollar (19,6 Mrd. Euro) an zusätzlichen Mitteln 2009 für nachhaltige Investitionen in Afrika vereinbaren, weitere 25 Milliarden Dollar für Niedrigeinkommensländer in anderen Regionen - eher geringe Summen für ein Treffen, bei dem es um ein Vielfaches mehr für die eigene Wirtschaft der Länder geht.
Wege aus der Krise
Der Wirtschaftswissenschaftler John Geanakopolos von der Yale University appelliert an seine eigene Zunft. Man hätte die Rezession kommen sehen müssen, zumindest aber müsse man die nächste vermeiden. Bis jetzt wurden ihm zufolge immer die falschen Dinge reguliert. Dennoch glaubt auch er, dass es Wege aus der Krise gibt, wenn Wirtschaft und Politik die richtigen Entscheidungen treffen.

[science.ORF.at/APA, 19.2.09]
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01.01.2010