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Ist Wählen ein Kinderspiel?  
  Erwachsene wählen ihre Politiker nach einem kindlichen Schema: Sie entscheiden sich meist für den Kandidaten mit dem ansprechendsten Aussehen. Inhalte spielen offenbar kaum eine Rolle.  
Denn nachträgliche Informationen über Kompetenz oder Programm ändern an dieser Entscheidung relativ wenig. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kommt eine experimentelle Studie der Universität Lausanne mit Erwachsenen und Kindern.
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Die Studie ""Predicting Elections: Child's Play!" von J. Antonakis et O. Dalgas ist in der aktuellen Ausgabe von "Science" (27. Februar 2009, DOI: 10.1126/sience.1167748) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie (sobald online)
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Entscheidung auf Basis von Fotos
In zwei Experimenten zeigten die Forscher John Antonakis und Olaf Dalgas Kindern sowie Erwachsenen Fotos von männlichen und weiblichen Kandidatenpaaren, die fünf Jahre zuvor in französischen Parlamentswahlen gegeneinander angetreten waren.

Die Kandidaten im Rennen um den jeweiligen Parlamentssitz waren den Schweizer Probanden unbekannt; es handelte sich um die Gewinner und die Zweitplatzierten der Wahl. Allein auf Basis dieser Fotos entschieden sich die 684 erwachsenen Teilnehmer in drei Vierteln der Fälle (72 Prozent) für den gleichen Kandidaten wie seinerzeit die französischen Wähler.
Kinderwahl brachte das gleiche Ergebnis
Die 681 Kinder zwischen 5 und 13 Jahren spielten zunächst ein Computerspiel, das die Reise der griechischen Sagengestalt Odysseus von Troja in seine Heimat Ithaka nachstellte. Anschließend sollten sie aus den Kandidatenpaaren jeweils einen Kapitän für ihr Schiff wählen.

Die Kinder entschieden ebenso wie die Erwachsenen: In 71 Prozent der Fälle wählten sie den Kandidaten zum Kapitän, der auch tatsächlich das Rennen gemacht hatte.
Leistungsbasierte Informationen wenig relevant
Offensichtlich bewerten Erwachsene die Kompetenz eines politischen Kandidaten auch anhand von Mustern, die sich schon in der Kindheit ausprägen, folgern die Wissenschaftler. "Diese Ergebnisse legen nahe, dass Wähler leistungsbasierte Informationen zu politischen Kandidaten nicht angemessen abwägen, wenn sie eine der wichtigsten demokratischen Pflichten eines Bürgers wahrnehmen", schreiben sie in ihrem Beitrag.

Im Jahr 2005 hatten Psychologen der Universität Princeton in den USA bereits berichtet, dass die Gesichter der Kandidaten das Ergebnis der meisten politischen Wahlen mitentscheiden. Sie unterzogen die Bewerber für einen Sitz im US-Kongress einer "Gesichtskontrolle" und sagten damit in zwei von drei Fällen den Gewinner korrekt voraus.

[science.ORF.at/dpa, 27.2.09]
->   Jon Antonakis
 
 
 
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01.01.2010