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Frühlingsbeginn - ein Umschwung im Gehirn  
  Und es gibt sie doch - die Frühlingsgefühle: Licht führt zu einer hormonellen Umstellung. Es möbelt die Psyche auf, steigert die sexuelle Leidenschaft und erhöht die Lust auf soziale Kontakte.  
Für Depressive ist das Frühjahr aber eine der schwierigsten Jahreszeiten, wie Siegfried Kasper, Vorstand der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Wien erzählt.
Transmitter-Festspiele
Im Frühjahr kommt es zur großen Umstellung der Neurotransmitter Serotonin, Dopamin und Noradrenalin im Körper. Der hormonelle Müdemacher Melatonin wird vom Licht verdrängt. "Durch die rasante Lichtentwicklung und ein wenig auch durch Temperatur kommt es zum hormonellen Umschwung", erklärte Kasper. Das menschliche Denken und Tun ist "absolut von der Chemie gesteuert".

Verantwortlich für den Höhenflug der Gefühle ist das Sonnenlicht, das über das Auge in das Gehirn zum Hypothalamus - dem wichtigsten Steuerzentrum des vegetativen Nervensystems - geleitet wird. Von dort aus wird dann die Stimmung beeinflusst. Noradrenalin beeinflusst das Denken und die Konzentration, Dopamin sorgt für Antrieb und inneren Schwung und Serotonin macht positive Stimmung.
Chemie der "rosaroten Brille"
In den gleichen Gehirnregionen wirken auch Drogen. Theoretisch könnte man diesen Effekt mit Medikamenten, Speed oder Kokain pushen. Langsamer und ohne die gefährlichen Nebenwirkungen, aber genauso effektiv, wirkt die Natur.

Das Augenlicht der Helligkeit auszusetzen kann ähnliche Mechanismen in Gang setzen. Die "rosarote Brille" gibt es in gewisser Weise laut dem Psychiater tatsächlich. Dass sich ein Frosch in einem Prinzen verwandelt, kann möglich sein. Erfahrung und Verstand machen dann aber doch einen Strich durch die Rechnung.
Aber auch: Depressionen und Müdigkeit
"Wir beobachten derzeit aber auch, dass vermehrt seelische Erkrankungen auftreten", erzählte der Psychiater. Depressive kämpfen mit ihrer Krankheit mehr als im Winter, Suizide treten häufiger auf als zu anderen Jahreszeiten. Zurückzuführen sei das darauf, dass Depressive mit der raschen Umstellung nicht so schnell mitziehen können. "Jemand, der sich den Fuß gebrochen hat, kann auch nicht mitlaufen", sagte Kasper.

Ein weiterer Effekt des Hormonrausches: Frühjahrsmüdigkeit.Laut dem Psychiater ist aber nicht jeder davon betroffen, sondern hauptsächlich jene Menschen, die auch den Winter über nicht sonderlich körperlich aktiv waren. Statt sich aber faul auf die Couch zu legen, sollte man sich hinausbegeben und den Körper in Schuss bringen, sich bewegen und in der Sonne aufhalten.

[science.ORF.at/APA, 9.4.09]
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01.01.2010