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Gehirnstudie: Anteilnahme entsteht langsam  
  Während das Gehirn auf Anzeichen von Angst und Schmerz in Sekundenbruchteilen reagiert, entstehen laut einer aktuellen Studie Emotionen wie Mitgefühl oder Bewunderung erst nach etlichen Sekunden.  
Angesichts dieses Ergebnisses betrachten Neurowissenschaftler die zunehmende Hektik in Fernsehberichten und Videospielen mit Sorge.
Sechs bis acht Sekunden
Hirnstudien hatten bisher vor allem untersucht, wie Menschen Empfindungen wie etwa Angst oder Schmerz wahrnehmen. Darauf reagiert das Gehirn blitzschnell. Nun konfrontierten Forscher der Universität von Südkalifornien 13 Personen mit diversen Geschichten, die entweder Bewunderung für die Leistung oder Tugend eines Menschen auslösen sollten oder aber Mitgefühl.

Das Auslösen solcher Emotionen dauerte sechs bis acht Sekunden und damit weit länger als jene Gefühle, die beim Hören von Geschichten über Angst oder Schmerz entstanden. Allerdings hielt diese Stimmung auch länger an, wie die Forscher im Fachblatt "PNAS" berichten.

Manche Teilnehmer kündigten nach der Studie an, künftig ein besseres Leben führen zu wollen. Andere schlugen die vereinbarte Aufwandsentschädigung für die Teilnahme aus.
Kritik an Medienkultur
"Manche Arten von Gedanken, vor allem moralische Entscheidungen über die sozialen und psychischen Situationen anderer Menschen, benötigen angemessene Zeit und Überlegung", sagt Studienleiterin Mary Helen Immordino-Yang. Diese Zeit sei zwar bei normalen zwischenmenschlichen Kontakten gegeben, aber nicht bei vielen Fernsehberichten oder Filmen mit schnell wechselnden Bildern.

"Wenn Dinge zu schnell ablaufen, kann man die Gefühle über den seelischen Zustand anderer Leute nicht voll erleben, und das hat Folgen für die Moral", sagt sie.

Der Medienforscher Manuel Castells stimmt zu: "In einer Medienkultur, in der Gewalt und Leid in Fiktion oder Infotainment zur endlosen Show werden, setzt allmählich eine Gleichgültigkeit in Bezug auf menschliches Leid ein."

[science.ORF.at/ APA/AP, 17.4.09]
->   Mary Helen Immordino-Yang
->   PNAS
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01.01.2010