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"Das Schulsystem ist nicht gerecht"  
  Studien wie PISA oder PIRLS zeigen, dass Bildung, Status und Einkommen zusammenhängen. Soziale Gruppen werden nicht durchmischt. Bildungsgerechtigkeit fordert daher die katholische Aktion Österreich.  
Mit der neuen Broschüre "Auf dem Weg zur gerechten Schule" macht sie auf das Problem aufmerksam.
Bildung wird vererbt
Das System hat ein Problem, meint die katholische Aktion (KA) Österreich, und zwar das Schulsystem: Wo Bildungsungerechtigkeit für ihn sichtbar wird, schildert Gerald Faschingeder, Leiter der Arbeitsgruppe "Bildung" gegenüber science.ORF.at:

"Das österreichische Schulsystem erlaubt Kindern aus Familien mit geringem Einkommen nicht die gleiche Bildungskarriere zu machen wie Kindern aus Familien mit hohem Einkommen.

Kinder aus Haushalten, die weniger als 1.500¿ netto im Monat zur Verfügung haben, machen in der vierten Klasse Volksschule noch 33 Prozent aus, in der ersten Klasse der Hauptschule 45 Prozent und in der AHS 27 Prozent. Geht man weiter zum Ende der Pflichtschulzeit, dann hat man in der Polytechnischen Schule gar 59 Prozent von SchülerInnen aus materiell weniger gut ausgestatteten Familien sitzen."
...
AHS/BHS-Oberstufe nach beruflicher Position der Eltern:
74,3 Prozent hochqualifizierte Tätigkeiten (z.B. Betriebsleiter)
72,9 Prozent höher qualifizierte Tätigkeiten (wie Lehrer, Ingenieure)
45,3 Prozent mittlere Tätigkeiten (Meister)
40,8 Prozent Facharbeiter, einfach Angestellte
24,8 Prozent Hilfstätigkeit
Aus Johann Bacher: ¿Soziale Ungleichheit und Bildungspartizipation im weiterführenden Schulsystem Österreichs¿, 2003, zitiert in der Broschüre.
->   Broschüre "Auf dem Weg zur gerechten Schule"
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Die "inklusive" Schule
Ein Beispiel für den Weg zu mehr Bildungsgerechtigkeit sehe er in der gemeinsamen Schule, so der Wirtschafts- und Sozialhistoriker Gerald Faschingeder, der die Broschüre ¿Auf dem Weg zur gerechten Schule¿ mitverfasst hat.

Doch die Idee der inklusiven Schule ist nicht deckungsgleich mit dem Modellversuch "Neue Mittelschule" in derzeit 166 Klassen in Modellregionen in fünf Bundesländern: die Neue Mittelschule stelle eher eine Aufwertung der Hauptschule dar, nicht einen Schritt in Richtung Zusammenarbeit von Hauptschule und AHS, nicht wirklich ein neues System. Faschingeder zu science.ORF.at:

"Daher gibt es auch die Kritik, dass dieses Schulmodell ein drittes Modell ist neben AHS und Hauptschule. Es braucht wirklich eine gemeinsame Schule, in die alle Kinder gehen und damit auch die Selektion nach der vierten Klasse Volksschule wegfällt, die ja in der Regel nach sozialen Kriterien ausfällt."
Migration und Bildung
"Österreich ist ein besonders reiches Land - reich an Sprachen und Kulturen" so die Katholische Aktion Österreich. Oft werde davon ausgegangen, dass Kinder nicht-deutscher Muttersprache unter Spracharmut leiden; de facto können Migrantenkinder oft weit mehr Sprachen als Kinder aus rein deutschsprachigen Haushalten und wachsen zwei- bis dreisprachig auf.

Viele Schüler nicht-deutscher Muttersprache verfügen über große Sprachkenntnisse, die nicht genutzt werden - das müsste als Chance erkannt werden, fordert die KA. Wichtig seien deshalb die Sprachbildung der Lehrkräfte sowie die Ausbildung von Lehrpersonal mit migrantischem Hintergrund.
Gratiskindergarten bis Lehrerbesoldung
Weitere Vorschläge für mehr Bildungsgerechtigkeit aus Sicht der Katholischen Aktion Österreich: bspw. die gemeinsame Ausbildung aller Lehrkräfte, eine gemeinsame Besoldung, Ganztagsschulen, eine einfachere und klare Schulstruktur, ein modulares Kurssystem ab der siebten Schulstufe, das Aufbrechen der 50-Minuten Unterrichtseinheiten, Interdisziplinarität statt Fächerkanon, Alternativen zur herkömmlichen Benotung, Gratis-Kindergarten, etc. zusammengefasst in der Broschüre "Auf dem Weg zur gerechten Schule".

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 28.4.09
->   Katholische Aktion Österreich
 
 
 
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01.01.2010