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Kreisgrabenanlagen in NÖ könnten Kalender sein  
  Die rund 50 Kreisgrabenanlagen in Niederösterreich gehören zu Europas ältesten Monumentalbauten. Laut Forschern könnten zumindest einige von ihnen riesige Kalender gewesen sein.  
Bereits 2004 fand der Archäologe Wolfgang Neubauer (Uni Wien) unter anderem mittels Luftbild- und Magnetuntersuchungen heraus, dass die Tore der Anlagen auf die Messung von Sommer- und Wintersonnenwende ausgerichtet sind. Sie wurden zwischen 4.800 und 4.500 v. Chr. erbaut und genutzt.
2.000 Jahre vor Stonehenge
 
Bild: Universitaet Wien

Virtuelle Rekonstruktion der Kreisgrabenanlage Steinabrunn

Über die interdisziplinäre Forschungsplattform Archäologie (VIAS) und in Zusammenarbeit mit dem Astronomen Georg Zotti hat sich der Verdacht nun bestätigt. "Einige der Bauten dienten offenbar als Sonnen- bzw. Sternenkalender", so die Wissenschaftler. In einem laufenden Projekt des Wissenschaftsfonds FWF sollen nun alle bekannten Kreisgrabenanlagen im Hinblick auf diese Kalenderfunktion archäoastronomisch untersucht werden.

Zur Zeit der mittelneolithischen Kreisgrabenanlagen in Niederösterreich steckte Stonehenge noch in den Kinderschuhen: Die komplexen, von einem tiefen Graben umgebenen Monumentalbauten wurden rund 2.000 Jahre vor dem berühmten britischen Steinkreis errichtet. Allerdings verwendeten die Baumeister für die Kreisgrabenanlagen mit Holz ein vergängliches Material.
Zum Teil eindeutige Hinweise
Mittels Luftbildauswertung und Messungen von feinsten Abweichungen des natürlichen Magnetfeldes - sogenannte magnetische Prospektion - konnten die längst verwischten Spuren ausfindig gemacht und in Computersimulationen wenigstens virtuell wieder hergestellt werden.

In einem zweiten Schritt wurde auch der Sternenhimmel vor 6.500 Jahren simuliert und die Anlagen damit verglichen. Es bestätigte sich, dass die Kreisgrabenanlagen jedenfalls zum Teil als eine Art steinzeitlicher Kalender dienten.

Auf den ersten Blick schienen die Ausrichtungen der Anlagen eher chaotisch. Erst die Anpassung an den sich im Laufe der Jahrhunderte verändernden Sternenhimmel bestätigte die Kalender-Hypothese. Im Vorfeld des Projekts wurden bereits 28 Anlagen untersucht und dabei überraschend signifikante Übereinstimmungen gefunden: "Bei etwa einem Drittel der Bauten weisen jeweils zwei Tore in die exakt gleiche Richtung", erklärte Zotti.
Auch soziale und religiöse Zwecke wahrscheinlich
Für einige der Anlagen konnten mittlerweile weitere Analysen und Vergleiche angestellt werden. So markiert jeweils eines der Tore den Aufgang des Siebengestirns (Plejaden), das andere den fast gleichzeitigen Untergang des Sterns Antares. Kalendarisch interessant ist dieses Ereignis vor allem als sogenannter "heliakischer Aufgang" am frühen Morgen wenige Tage nach Frühlingsbeginn. Diese Kalenderfunktion könnte etwa für die termingerechte Aussaat eingesetzt worden sein.

Die Bauten dürften aber auch für soziale und/oder religiöse Zwecke genutzt worden sein, etwa als Platz für Versammlungen oder Wettkämpfe, Übergangs- und Initiationsrituale oder bestimmte Feste im Jahreskreis.

Dafür spricht, dass zwischen 4.800 und 4.500 v. Chr. jede Siedlung in Niederösterreich eine Kreisgrabenanlage ihr Eigen nannte, vergleichbar mit heutigen Kirchen oder Vereinshäusern.

[science.ORF.at/APA, 15.6.09]
->   Interdisziplinäre Forschungsplattform Archäologie, Universität Wien
 
 
 
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01.01.2010