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Stille Löcher
Auf der Suche nach der Hawking-Strahlung im Labor
 
  Forscher haben ein künstliches Schwarzes Loch erzeugt, das anstelle von Licht Schall verschluckt. Ziel des Experiments ist es unter anderem, die sogenannte Hawking-Strahlung nachzuweisen.  
Bis heute ist das vor mehr als 30 Jahren von Stephen Hawking postulierte Phänomen umstritten. Durch diese Strahlung verdampft ein Schwarzes Loch langfristig, zumindest in der Theorie. Bis jetzt konnte sie weder in der Realität noch im Modell beobachtet werden.
Doch nicht völlig schwarz?
Astronomische Schwarze Löcher entstehen, wenn Materie so dicht wird, dass sie in einem Punkt zusammenfällt - in der Physik bezeichnet man diesen Zustand als Singularität. Gebildet werden die Objekte z.B. beim Zusammenbruch von Sternen. Ihre Anziehung ist so stark, dass nicht einmal Licht ihrem Ereignishorizont, also ihrer Begrenzung, entkommen kann.

In Stephen Hawkings Theorie senden sie allerdings dennoch Strahlung aus. Dabei zerfallen virtuelle Teilchen-Antiteilchen-Paare an der Grenze des Ereignishorizonts, wobei das hineinstürzende Teilchen das andere quasi hinaus katapultiert. Derartig Teilchenpaare können gemäß der Quantentheorie aus dem Nichts entstehen. Üblicherweise löschen sie einander aus.

Laut der Strahlungstheorie müssten Schwarze Löcher langfristig verdampfen, wenn sie keinen Nachschub an Materie erhalten.
Materie schneller als Schall
Physiker haben versucht, ähnliche Objekte auf der Basis von Schall künstlich herzustellen. Im Gegensatz zu ihren astronomischen Verwandten verschlucken diese nicht Licht, sondern Schall.

Erzeugt werden die akustischen Schwarzen Löcher mit sogenannten Bose-Einstein- Kondensaten - ein Quantenzustand, bei dem sich eine Ansammlung von Teilchen wie ein einziges Atom verhält. Die Materie wird dazu gebracht, sich schneller als der Schall zu bewegen. So kann dieser tempomäßig nicht mehr mithalten und daher auch nicht mehr entkommen.

Ein Team rund um Jeff Steinhauer vom Technion-Israel Institute of Technology in Haifa hat für eine aktuelle Studie (arXiv.org, Juni 2009) nun ein "Schwarzes Schallloch" erzeugt. Laut dem Physiker Eric Cornell, der 2001 den Nobelpreis für das erste Bose-Einstein-Kondensate erhielt, stellt dieses Experiment einen ersten Schritt dar, die Hawking-Strahlung im Modell nachzuweisen, wie der "NewScientist" berichtet.
Schall wird verschluckt
Die Forscher kühlten 100.000 Rubidium-Atome auf ganz knapp oberhalb des absoluten Nullpunkts und fixierten diese innerhalb eines Magnetfelds. Mit Hilfe eines Lasers erzeugten sie einen Spannungsschacht, der die Atome anzog. Diese bewegten sich dadurch schneller durch den Schacht als es Schallwellen zu tun vermögen.

Dadurch entstand eine Überschallbewegung, die etwa 8 Millisekunden andauerte - ein akustisches Schwarzes Loch, das Schall einfängt. Der Punkt, an dem die Geschwindigkeit der Teilchen gleich der Schallgeschwindigkeit ist, entspricht dabei dem Ereignishorizont.
Hawking-Strahlung aus Schall
In diesem Modell gibt es auch ein Gegenstück zur Hawking-Strahlung: Laut den Forschern kleine Quasiteilchen aus Vibrationsenergie, sogenannte Phonone. Um diese allerdings tatsächlich nachzuweisen, müsse das Experiment noch optimiert werden. Die Wissenschaftler schätzen, dass die Geschwindigkeit der Atome dafür ungefähr zehnmal so schnell sein müsste als in der derzeitigen Anordnung.

Die Schwierigkeit liegt laut Eric Cornell auch darin, diese sehr kleinen Bewegungen am akustischen Ereignishorizont überhaupt zu entdecken, nach all den gewaltsamen Manipulationen am Kondensat.
Suche bleibt spannend
Erst letztes Jahr hatten Forscher versucht, mit Hilfe von Laser einen künstlichen Ereignishorizont erzeugen (arXiv.org, Februar 2008). Dabei haben sich die Forscher rund um Thomas Philbin die unterschiedlichen Wellenlängen von Licht zunutze gemacht, die sich in verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen.

Noch konnte keine der Simulationen die Hawking-Strahlung im Labor nachweisen, auch wenn Cornell den Versuch der israelischen Physiker für einen Schritt in die richtige Richtung hält. Die echte Strahlung wurde bis heute ebenfalls nicht gesichtet, auch wenn die NASA mit immer besseren Teleskopen weiterhin fieberhaft danach sucht.

Eva Obermüller, science.ORF.at, 18.6.09
->   NewScientist
->   Hawking-Strahlung (Wikipedia)
->   Phonon (Wikipedia)
->   Technion-Israel Institute of Technology
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Hawking: Schwarze Löcher zerstören nicht alles
->   Hawking ändert Theorie zu Schwarzen Löchern
 
 
 
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01.01.2010